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lost in PARAGRAPH ? - Dagegensein verboten
"Staatlicher Antifaschismus" in Aktion? - oder die verdrehte Auslegung des Paragraphen 86a StGB und die Repression von Antifaschist_innen. Geschichten wie sie Dresden schreibt. Kommt zur Soliparty und unterstützt die Kriminalisierten.

Alle Jahre wieder findet sich in Dresden ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung zum Gedenken an die Bombardierung "ihrer" Stadt in den Nächten des 13. und 14. Februars 1945 zusammen. Im Mittelpunkt stehen dabei häufig die Andacht an das Leid und die Toten der Stadt Dresden oder die sehr diffuse Ablehnung von Krieg. Letztlich läuft es darauf hinaus, dass auch die Deutschen Opfer des Zweiten Weltkrieges gewesen seien, wie so viele Andere auch. Besonders zelebriert wird diese Haltung alljährlich auf dem Heidefriedhof. An einem Gedenkstein mit der Aufschrift: "Wie viele starben? Wer kennt die Zahl? An deinen Wunden sieht man die Qual, der Namenlosen die hier verbrannt, im Höllenfeuer aus Menschenhand - Dem Gedenken der Opfer des Luftangriffs auf Dresden am 13./14. Februar 1945". Sächsische Politiker, bundesweit bekannte NPD-Kader und Bürger legen dort alljährlich, von der Presse begleitet, ihre Trauerkränze nieder. Auf dem selben Gelände befindet sich noch ein weiteres Schmuckstück: eine Anordnung von Gedenkstelen, welche an im Zweiten Weltkrieg begangene Verbrechen erinnern soll. Neben Aufschriften wie "Auschwitz" und "Coventry" ist dort auch "Dresden" zu lesen. Die Relativierung ist perfekt. Der Holocaust wird in eins gesetzt mit der Bombardierung Dresdens durch die Alliierten. Von diesem Punkt aus ist es wirklich nur noch ein Katzensprung bis zur "Bombenholocaust"-Polemik der NPD.

Im Vorfeld des diesjährigen Gedenkmarsches der Neonazis anlässlich der Bombardierung wurden in der Innenstadt diverse Plakate angebracht. Darunter einige mit der Aufschrift: "Es wird einiges nie gewesen sein". Auf dem Plakat sind neben dem Schriftzug noch zwei historische Innenstadtaufnahmen zu sehen. Auf der einen ist die Schlosstrasse kurz vor der Bombardierung zu sehen - üppig mit Hakenkreuzfahnen geschmückt. Die andere Aufnahme zeigt den selben Stra-ssenzug, kurz nach der Bombardierung. Nachdem die Polizeibehörde des Ordnungsamtes das Anbringen der Plakate bemerkt hatte, ergab es sich, dass zwei Aktivisten während ihrer Tour von einer Einsatzgruppe der Polizeibehörde festgesetzt wurden. Im Folgenden wurden Plakate und Zubehör beschlagnahmt. Vor einigen Monaten hat die Staatsanwaltschaft Sachsen gegen diese beiden ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es wird ihnen gemäss des §86a des StGB das "Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen" vorgeworfen. Solche verdrehte Verfahren kommen in der BRD ohnehin gerade in Mode, und manche führen auch zu rechtskräftigen Verurteilungen. So wurde Ende September der Betreiber des "NixGut"-Versandes zu 3.600 € wegen angeblichen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vom Landgericht Stuttgart verurteilt, da er Utensilien mit durchgestrichenem Hakenkreuz zum Ver-kauf anbot. (Weiteres unter www.dagegen-bleiben.de )

Einen Gerichtstermin in Dresden gibt es noch nicht, mehrere Verwaltungskostenforderungen an die Aktivisten in der Ge-samthöhe von 150 € allerdings schon. Hinzukommen noch die schon fällig gewordenen Anwaltskosten. Wie es mit dem Ermittlungsverfahren weiter gehen wird bleibt ungewiss.

Als ob das nicht schon genug wäre, war dies nur der erste Streich im Repressionsgeflecht. Im folgenden wird eine Pressmitteilung, veröffentlicht am 11. Oktober auf Indymedia dokumentiert:

Hausdurchsuchung bei Dresdner Antimilitaristen

Heute morgen um acht wurden die Räume eines Dresdner Antimilitaristen durchsucht. Anlass dieser Aktion war ein Auf-kleber auf dem eine SS Rune zu sehen war. J. staunte nicht schlecht - als er früh um acht in seine Wohnung wollte stan-den andere schon Schlange. Neun Beamte des LKA Sachsen winkten mit einem Durchsuchungsbeschluss und begehr-ten Einlass. Sie waren auf der Suche nach Plakaten, Stickern oder Flugblättern auf denen eine SS Rune abgebildet war. Hintergrund der ganzen Geschichte scheint wohl der Aufkleber zu sein, der die letzten Tage in Dresden auftauchte. Auf diesem wird zum Widerstand gegen einen von der Bundeswehr am Donnerstag Abend veranstalteten Zapfenstreich gemahnt. Darauf zu sehen sind Soldaten mit unterschiedlichen Helmen der deutschen Armeen. Vom Kaiserreich über Wehrmacht, NVA bis Bundeswehr - alle sind vertreten. Und eben auf diesem Helm der Wehrmacht befindet sich auch besagte SS-Rune um die es geht. Das J. diesen Aufkleber auf der Homepage www.ohne-uns.de, deren Eigner er ist, veröffentliche, wurde ihm zum Verhängnis. Die Beschuldigung lautet: Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, strafbar gem. § 86a StGB. Gefunden wurde allerdings nichts, zum Glück auch keine allzu grosse Unordnung gemacht. Auch wurde nichts beschlagnahmt, aber die Festplatte wurde noch kopiert. Gegen die Durchsuchung wird J. gerichtlich vorgehen. Es scheint ganz so, als sollte diese Aktion der Einschüchterung dienen. Protest gegen die Bundeswehr ist nicht gewünscht, man nutzt alle Mittel. [...]

Diese Art von "staatlichem Antifaschismus" halten wir für überflüssig und können gut und gerne darauf verzichten. Wir halten euch auf dem Laufenden und hoffen im weiteren Verlauf der beiden Verfahren auf eure Unterstützung. Weitere Infos und der aktuelle Stand der Dinge werden auch auf der Soliparty zu erfahren sein.

Wir lassen uns das Dagegensein nicht verbieten!

24. November | 22 Uhr | Chemiefabrik | D&B | djs: berndt + vox sola + bigfoot + hamar praan | liveband: mokwok


Sonja Brünzel und Luther Blisset

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