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Presseerklärung zur Auflösung der IG ÄN
"Lieber bewusst beenden als unmerklich verbluten!" Ein Aufruf zu ursprünglichen Aktionsformen

Die Mitglieder der Interessengemeinschaft Äussere Neustadt e.V., Bürgerinitiative für eine bewahrende Erneuerung (IG ÄN), haben nach 18-jährigem Bestehen beschlossen, den Verein per 31.12.2006 aufzulösen.

Als ausserparlamentarische Basiskraft war die IG ÄN vor, während und nach der Wende über lokale Stadtteilaktivitäten hinaus entwicklungsprägend wirksam wie kaum eine andere Bürgerinitiative in Dresden. Ihre Mitglieder waren Intellektuelle, Handel- und Gewerbetreibende, Hausbesetzer und Hausbesitzer, Handwerker, Arbeitslose und vor allem parteiunabhängige Neustadtliebende.

Nun, mit ihrer Auflösung, gibt es in der Äusseren Neustadt, dem grössten Dresdner Sanierungsgebiet, keine sanierungsbegleitende Bürgerinitiative mehr.

Aktuelle Anlässe dieser Entscheidung
  • der politische Umgang mit den Ergebnissen der mit dem Stadtplanungsamt erstrittenen Bürgerwerkstatt zur Fortschreibung des Erneuerungskonzeptes für die Äussere Neustadt
  • die subtile "Disziplinierung" der Neustadt durch die Verwaltung (der Umgang von Verwaltung und Stadtrat mit Beschlüssen des Ortsbeirates, der Bebauungsabsicht für die Freifläche Kamenzer Strasse, Festhalten an Ampelanlage Louisen/Görlitzer Strasse, willkürliche Bestrafung von Veranstaltern der BRN mittels Bussgeldern statt Versuch einer partnerschaftlichen Klärung, Überlegungen zur Videoüberwachung des öffentlichen Raumes in der ÄN...)
  • die Pläne zur Schliessung der 15. Grundschule Görlitzer Strasse
  • die Ignoranz der Verwaltung gegenüber unserem Bemühen um das Geschehen auf dem Spielplatz Böhmische Strasse
  • die Verschiebung der Sanierung der Böhmischen Strasse auf den St. Nimmerleinstag, trotz erstrittener vorheriger Bürgerbeteiligung dann doch ohne Information an die Bewohner und Nutzer
  • das Scheitern institutioneller Verankerung von Bürgerbeteiligung in der Stadtverwaltung durch Wortbruch des Oberbürgermeisters und den Kleinmut des Stadtrates
  • Die Beliebigkeit des Umgangs der Stadträte mit den ihnen aufgetragenen Anliegen, sobald die Wahl vorbei ist
Unsere Erfahrungen mit Politik und Verwaltung

Sie

  • befriedigen überwiegend eigene persönliche oder institutionelle Interessen
  • entscheiden und setzen autoritär um, abgekoppelt von der Bürgerschaft
  • erwarten von Bürgerinnen und Bürgern, bei der Wahl "die Stimme abzugeben" und danach auch noch Herz, Verstand und Eigenverantwortung
  • öffnen durch ihr Verhalten Willkür und Amtsmissbrauch Tür und Tor
  • thematisieren den desolaten Zustand von Beziehungskultur, Anstand, Verantwortung, Treue, Ehre und Gewissen nicht öffentlich, so überlassen sie dies extremen politischen Gruppierungen
  • reagieren lediglich auf mit Gewalt einhergehende Ereignisse
Die langfristigen Gründe der Auflösung

sind eine Konsequenz aus:

  • dem vergeblichen langjährigen Bemühen um Kommunikation und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträgern in Stadtverwaltung und Stadtrat bei der Arbeit im Stadtteil und in Dresden
  • einem erfolglosen Kampf um professionelle und institutionelle Bürgerbeteiligung in allen Verwaltungsebenen
  • der herrschenden politischen und gesellschaftlichen Beziehungskultur
  • unserem Herhalten lediglich als Feigenblatt für Bürgerbeteiligung
  • unserer Abhängigkeit als Verein von Fördermittelgebern
  • der kräfteraubenden Verwaltungsarbeit eines Vereines mit anspruchsvollen Zielen ohne hauptamtliche Mitarbeiter und ohne nachrückende Mitstreiter, die interessiert wären, kontinuierlich ausserparlamentarisch Kommunalpolitik zu gestalten

sind weiter ein Fingerzeig auf:

  • die erstarrten kommunalpolitischen Bedingungen, die Missachtung anderer, auf die Willkür im Handeln der Entscheidungsträger in Dresden
  • die Gefährlichkeit einer Situation schwindender moralischer Werte, der Abspaltung der Verantwortungsträger von ihren Auftraggebern - dem Volk, der Resignation der BürgerInnen

und sind ein Aufruf an:

  • andere bemühte Gremien, ebenfalls Scheinstrukturen zu verlassen, in denen engagierte Arbeit der Lächerlichkeit preisgegeben wird (z.B. Ortsbeirat Neustadt)
  • andere engagierte BürgerInnen das zu tun, was sie selbst wollen. Ohne Rücksicht auf "Machthaber", sehr wohl aber unter Beachtung der Interessen ihrer Mitbewohner. Also ein Leben in Gemeinschaftssinn und ohne erstarrte Strukturen, in Anarchie.

Die Zeit der Interessengemeinschaft Äussere Neustadt ist vorbei.

Aber nicht unser Wille, sich aktiv an der Gestaltung unseres Lebensumfeldes zu beteiligen. Wir werden in der Äusseren Neustadt das tun, was wir tun wollen, ohne uns im einseitigen Bemühen um Konsensfindung mit Stadtverwaltung und -politik zu erschöpfen.

All die negativen Erlebnisse der letzten Jahre bringen uns nicht von der Grundannahme ab, dass Verwaltung und Politik für die Bürger da sind, nicht umgekehrt. Da dies ersichtlich nicht die Haltung der Stadt Dresden ist, wird es höchste Zeit, "Alibi-Struktur" zu beenden und zu unseren kreativen Handlungsformen zurückzukehren.

Wer mit uns sprechen und handeln will ist herzlich eingeladen!

Dazu treffen wir uns jeden 1. Montag im Monat zum Stammtisch im OOSTEINDE/Stadtteilhaus mit weiteren Interessierten, die sich ebenso nicht einbinden lassen wollen in das gegenwärtige von Politik und Verwaltung zementierte unlebendige Gefüge.

Die momentanen Mitglieder der Interessengemeinschaft Äussere Neustadt sind Friederike Beier, Kathrin Borsdorf, Thomas Chudoba, Sabine Förster, Dr. Annette Franz, Detlef Pflugk, Wolfhard Pröhl, Andreas Querfurth, Uwe Schneider, Ulrike Schütze, Ulla Wacker.

Ansprechmöglichkeit für Rückfragen: Sabine Förster, Tel. 801 3660 bzw. per E-Mail unter aenab@gmx.net

Anhang: Vita der IG ÄN

Übersicht über die Entwicklung der IG ÄN, eigenständige Projekte und über solche, die ihr Entstehen den Mitgliedern der IG Äussere Neustadt verdanken. (Stand November 2006)

  • 25.1.1989: Gründung der IG ÄN unter dem Dach des Kulturbundes der DDR Wahlkontrolle der gefälschten Kommunalwahlen Initiative gegen den geplanten Flächenabriss in der Äusseren Neustadt
  • Nov. 1989: Pressekonferenz mit Forderungskatalog: Abrissstop, erste Sanierungsschritte, Erhalt des Wohnraums, Wiederaufbau des Nordbades als Schwimmbad, Schaffung von Kinderspielplätzen, Mietverträge für Schwarzmieter
  • 1989: Hilfeschreiben an Partnerstadt Hamburg, Einladung des Hamburger Bürgermeisters Herrn Voscherau und Stadtbaudirektors Prof. Kossak in die Äussere NeustadtSoforthilfeprogramm für Notreparaturen an Dächern, Finanzierung von Spielplätzen und Reinigungsbad
  • Ab 1989: Beginn des Kampfes um das Nordbad: Unterschriftensammlung: 1 Mark für das NordbadBetreibung des Cafe Martha für Arbeitslose und Ältere in der Volkssolidarität; 14 tägige Gespräche mit dem damaligen Bürgermeister Berghofer, danach anfänglich auch mit Dr. Herbert Wagner
  • 1990: zwei vom Stadterneuerungsamt bezahlte Hauptamtliche Koordinatorenstellen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung (noch unter DDR-Recht): Erklärung der Äusseren Neustadt zum ersten Dresdner Sanierungsgebiet, sofortiger Abrissstopp in der Äusseren NeustadtGründung der Sanierungskommission Äussere Neustadt: "Runder Tisch" mit den ver-schiedenen politisch und gesellschaftlich aktiven Kräften. IG stellte die ersten 2 Geschäftsführer Legalisierung der "Schwarzmieter", Überführung in Mietverhältnisse Stellung von 2 Stadträten Begrünungsaktion zur 1.BRNBeginn der Zusammenarbeit mit dem Planerkollektiv aus HamburgGründung des Dachverbandes IG Gemeinschaftliches Wohnen e.V.Auslösung und Durchsetzung der Wohnprojektebewegung in der Äusseren Neustadt. Für das 1. Wohnprojekt in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Planerkollektiv in der Pulsnitzer Strasse stellte die IG die Weichen, die 4 Wohnprojekte: Sebnitzer Strasse, der "Wohntraum", der Amselhof und die Genossenschaft Görlitzer Strasse wurden von IG-Mitgliedern initiiert und umgesetzt
  • Nov. 1990: Erstellung der 1. Sozialstudie der Neustadt: "Identifikation und Aktivitätsbereitschaft der Bewohner bei der Stadtsanierung, Wohnen in der Äusseren Neustadt"
  • 1991: Stadtratsbeschluss (bundesdeutsches Recht): Förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes Äussere Neustadt Stadtratsbeschluss: Dresdner Wohnkonzept (Erarbeitung von Verfahrensweisen durch Verwaltung) z. Verkauf kommunaler Wohngebäude an Mietergemeinschaften
  • 1992: Eröffnung des 1. Kinderspielplatzes in der Neustadt (Böhmische Strasse), erstritten durch die IG Äussere Neustadt; Gründung der "Stiftung Äussere Neustadt" gemeinsam mit dem Hamburger Planer-kollektiv, Handels- und Gewerbeverein, Kirchgemeinde, Stadtverwaltung (Förderungvon Projekten zum Erhalt der sozialen und kulturellen Struktur), Stellung des Geschäftsführers durch die IG
  • 1990 - 1995: Mitarbeit an Erstellung und Fortschreibung am Erneuerungskonzept der Äusseren Neustadt, (baulich und sozial), der Erhaltungs- und Gestaltungssatzung und des MilieuschutzesBeginn ständiger Forderungen nach angemessener und qualifizierter Bürgerbeteiligung Wiederholte Mitarbeit an Begrünungs-, Verkehrskonzepten Herausgabe des "Anton" als monatliche Stadtteilzeitung Öffentliche Werkzeugausleihe Initiator und Betreibung Reinigungsbad, Gründung einer Gesellschaft zur Betreibung: "Planerladen" mit 2 AngestelltenArbeitgeber für 7 Neustädter über ABM Aktionen zur Bebauungsverhinderung des Alaunplatzes mit Kaufhalle, Abrissverhinderung Kulturhaus "Aktiv" und von Wohn- und Geschäftshäusern für EpplebauOrganisation und Durchführung von verschiedenen EinwohnerversammlungenBesetzung des Stadtteilhauses und jahrelange Bemühungen zur Stadtteilnutzung, Mithilfe bei Planung und Ausbau Durchführung alternativer StadtteilführungenBeginn der Arbeit der Geschichtsgruppe mit Erstellung eines NeustadtarchivesBegleitung mehrerer Diplomarbeiten über die Äussere NeustadtMehrere Gespräche mit Mitgliedern aus der Gorbitzer und Dresdener "Rechtenszene" bei deren ersten provokanten Auftritten in der Neustadt
  • 1995: Kürzung der Personalstellenförderung auf 1 HauptamtlerstelleDurchführung der Mieterbefragung: "Notwendigkeit von Beratung und Unterstützung für Sanierungsbetroffene"Erstellung der 1. Stadtteilbroschüre Äussere Neustadt
  • Dez. 1996: Wiedereröffnung Nordbad, erarbeitet durch jahrelange Verhandlungen mit der Stadtund der STESAD, Mitarbeit im Lenkungsausschuss
  • 1998: Entlassung unseres Hauptamtlers und des Geschäftsführers der Sanierungskommission wegen gestrichener Personalkostenförderung
  • 1992-1999: Mieterberatung im Sanierungsgebiet
  • 24.11.1999: 2. Preis einer bundesweiten Ausschreibung vom Verein "aktive Bürgerschaft - Innovation aus Tradition" in Münster
  • 1999-2001: Mitglied des CIVITAS-Netzwerkes für bürgerorientierte Kommunen - Broschüre
  • 20012004: Einbringen der Notwendigkeit institutioneller Bürgerbeteiligung in die Kommunalpolitik bei OB-Wahl undin die Stadtratswahl über die BürgerListe
  • Ab 2001: "Wohnraum Leben" Arbeitsgruppe der IG mit Beratung und Erstellung eines Wohnprojekte-Atlas Bereitstellung unseres Büros für BI Königsbrücker Strasse und BI Waldschlösschenbrücke, Treuhänderische Verwaltung der Spenden,Eigene Befragung zum Parkraumbewirtschaftungskonzept
  • 2000/ 2001/2002: Gesprächsaufnahme mit den BRN-Veranstaltern von 2000, durch die eine Spaltung in der Äusseren Neustadt drohteAufarbeitung der verunglückten BRN 2001 als Moderator Organisation der BRN 2002 mit dem Ergebnis: "Zurück zu den Wurzeln" Mitarbeit im Bürgerforum, Erarbeitung des Konzeptes für Bürgerbeteiligung
  • Seit 2002: Regelmässige Arbeitsgespräche mit dauernd wechselnden Amtsleitern des Stadt-planungsamt, Ergebnis: z. B. Bürgerwerkstatt
  • 2003: Koordination des "Blickwinkel: Erlebnispfad Äussere Neustadt"
  • 2005: Initiierung der Bürgerwerkstatt 2005Gründung einer Stadtteilpartnerschaft mit St. Georg in Hamburg "Georg Neustadt"
  • 2006: Erscheinen des Wohnprojekteatlas Äussere NeustadtAuflösung des Vereins IG Äussere Neustadt
  • 2007: Erscheinen eines Buches über die IG Äussere Neustadt und des Wohnprojektes Amselhof (in Vorbereitung)

IG Äussere Neustadt e.V.
Bürgerinitiative für eine bewahrende Erneuerung
Stadtteilhaus Priessnitzstrasse 18, 01099 Dresden


IG Äussere Neustadt e.V.

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