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Es gibt tausend Gründe, Deutschland zu hassen!

Deutschland im Herbst

Am 3. Oktober 2002 jährt sich zum 12ten Mal der Jahrestag der deutschen Einheit. Schon im vergangenen Jahr plante die gruppe yafago aus Erfurt am Vorabend des 3. Oktobers eine Demonstration unter dem Motto: Es gibt tausend Gründe, Deutschland zu hassen. Mit dieser Demonstration sollte dem Feiertag des wiedererstarkten Deutschlands eine Kritik an Staat, Nation und Kapital entgegengesetzt werden. Auf einen Plakatspruch der CDU: "Es gibt 1000 Gründe, stolz auf Deutschland zu sein!" folgte die Antwort mit der allen unmissverständlich klar werden sollte, was von diesem Land zu halten ist.

Ein Motto mit dem Ende "...Deutschland nicht zu lieben" wäre den Behörden im letzten Jahr noch angenehm gewesen. Da uns "Liebeskummer" aber nicht ausreicht, bleibt es dabei : es gibt tausend Gründe, Deutschland zu hassen.

Alle Jahre wieder...

In Deutschland kann man zunehmenden Antisemitismus und einen rasanten Ausbau des Überwachungsapparates beobachten, Rasterfahndung und rassistische Kontrollen sind mittlerweile Alltag geworden. In diesem Jahr jährt sich auch zum zehnten Mal das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen. Nach der Wiedervereinigung setzte in Deutschland eine ungeheure Welle rassistischer Übergriffe auf Flüchtlingsheime und Einzelpersonen ein. Im August 1992 war es dann in Rostock soweit. Mehr als 1000 Bürger versammelten sich vor der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber (Zast) und feuerten mehrere hundert Neonazis an, die die HausbewohnerInnen angreifen und das Haus anzünden. Ein Grossteil der Verhafteten an diesen Tagen waren AntifaschistInnen, die gegen die Rassisten vorgehen wollten.

Das Pogrom wurde durch die Zusammenarbeit von Mob, Medien, Politikern und Polizei zu einem grossen Schritt im Selbstfindungsprozess im wiedervereinigten Deutschland. Kurze Zeit später gelang es, das im Artikel 16 des Grundgesetzes festgelegte Recht auf Asyl, faktisch abzuschaffen. In den Jahren danach wurde die Situation keineswegs besser, über 100 durch Nazis ermordete Menschen und eine rassistische Flüchtlingspolitik setzten sich bis ins Jahr 2002 fort und verschlechtern sich kontinuierlich.

Was gibt es da zu feiern? Weil es am 3. Oktober nichts zu feiern gibt, nutzt die Linke seit 1990 diesen Tag um an ihm deutlich zu machen, dass es noch Protest gegen eine immer aggressivere Expansionspolitik, die mit zunehmenden Militarismus verbunden ist, gibt. Denn an kaum einem anderen Datum wird das "wir sind wieder wer" und die Einverleibung des realsozialistischen Staates DDR öffentlicher und deutlicher gefeiert. Unübersehbar ist die Freude über ein neues Deutschland, dass endlich mit seiner eigenen Geschichte abgeschlossen hat. Und dann kann auch wieder über den "deutschen Weg" (Gerhard Schröder) und die Rücknahme der Benes-Dekrete diskutiert werden. (mehr Infos zum Bund der Vertriebenen und die Benes-Dekrete gibt's im Aufruf der Gruppe yafago unter www.puk.de/atag) Aktuellestes Beispiel dafür ist der Beschluss des Bundestages, in Berlin ein Zentrum der Vertreibung einzurichten - damit sich deutsche Täter in aller Öffentlichkeit endlich wieder als Opfer darstellen können.

Für einen Herzinfarkt - im "grünen" Herz Deutschlands! Thüringen ist mittlerweile das Versuchsfeld, was die Einschränkung des Demonstrationsrechts oder die Erweiterung von Polizeibefugnissen angeht. Was hier gut durchgeht, könnte in anderen Bundesländern auch bald an der Tagesordnung sein. Bekannt sein dürfte vielen die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit der Thüringer Polizei (BFE), der Exportschlager aus Thüringen. Diese Einheit ist für ihre brutalen Übergriffe auf Demonstrant(innen) auch in anderen Bundesländern bekannt. Die Spezialeinheit BFE, mit grossen Befugnissen ausgestattet, fungiert hauptsächlich zur Überwachung und Kontrolle von Demonstrationen in Thüringen und darüber hinaus. Trotz dieser Situation gibt es Protest von Gruppen und Zusammenhängen die diesen Zustand so nicht hinnehmen wollen. Aus diesem Protest Widerstand erwachsen zu lassen, sollte unsere Aufgabe sein. Das wir in diesem Jahr erneut zu dieser Demonstration aufrufen, ist die richtige Antwort auf das Verbot im letzten Jahr und das schon im Vorfeld in der öffentlichen Meinung entworfene "Horrorszenario".

"Deutschland? Nie Wieder!" (Marlene Dietrich) Der 3. Oktober, als Tag der Deutschen, steht für Einverleibung der DDR, nationalen Grössenwahn, Rostock-Lichtenhagen, Antisemitismus, für die Morde an Antonio Amedeu, Silvio Meier und hunderten Anderen. Er steht für kollekive Geschichtsentsorgung und soll, laut dem Erfurter Oberbürgermeister Manfred Ruge, den Deutschen vorbehalten werden.

Das es für uns eine Alternative jenseits von Kapitalismus - der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen - und Nationalismus gibt, für die es sich lohnt weiter gegen Deutschland aktiv zu werden, ist Grund genug, diese Demonstration zu unterstützen!

Kapitalismus abschaffen! Gegen Deutschland!


Autonome Thüringer Antifa-Gruppen [ATAG]

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