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Hausdurchsuchungen und Beschuldigte im Akkord
Sachsens Demokratie verurteilt Willkürhandlungen sächsischer Ermittlungsbehörden (PM 12.4.2012)

Das Landeskrimalamt Sachsen führte am 22. März und am 4. April erneut Hausdurchsuchungen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nach § 129 StGB in Dresden durch. Knapp ein Jahr nach einer grossangelegten Durchsuchungswelle setzt das LKA seine Kriminalisierungspraxis gegen Antifaschist_innen fort und bläht das Konstrukt einer kriminellen Vereinigung immer weiter auf.

Am Morgen des 22. März durchsuchten mehrere Beamte des LKA Sachsen eine Wohnung in Dresden. Der im Durchsuchungsbeschluss angegebene Vorwurf ist die Beteiligung am Bundeswehr-Brandanschlag 2009. Jedoch stellten die eingesetzten LKA-Beamten_innen während der Durchsuchung ausschliesslich Fragen zu laufenden § 129-Ermittlungen gegen Antifaschist_innen; für den Brandanschlag, dem angegeben Grund der Durchsuchung, interessierten sie sich hingegen nicht. Entsprechend konstruiert sehen die Verdachtsmomente aus. Angeführt wird eine Funkzellenabfrage (FZA), die im Zuge der damaligen Ermittlungen durchgeführt wurde. Dabei fielen 1,1 Millionen Datensätze sowie die Bestandsdaten von über 80.000 Personen an. Auch der Name des nun Beschuldigten taucht in den Datenmassen auf, jedoch nur einen Tag vor dem eigentlichen Brandanschlag. Dennoch reicht das dem LKA um zu unterstellen, er habe das Anschlagsziel ausgespäht. Weitere Verdachtsmomente der Behörden generieren sich aus einer Funkzellenabfrage der Polizei in Berlin sowie aus der Beteiligung an Anti-Naziprotesten. Insbesondere die FZA aus Berlin legt nahe, dass die Landeskriminalämter munteren Datentausch betreiben und mit Hilfe ihrer Datenverarbeitungstechnik immer umfassender Rasterfahndungen durchführen.

Josephine Fischer dazu: "Wieder einmal genehmigen Dresdner Amtsrichter Durchsuchungen auf Grundlage von Vermutungen, illegal gespeicherten Polizeidaten oder völlig legalem Verhalten - wie der Beteiligung an Demonstrationen. Das Prinzip der Unschuldsvermutung scheint in Sachsen ausser Kraft gesetzt und eine vermeintlich linke Einstellung von Personen führt zu politisch motivierten Ermittlungen. Der Vorwurf an dem Brandanschlag beteiligt gewesen zu sein, war offensichtlich vorgeschoben. Das eigentliche Interesse der Beamten galt ihrem haltlosen Ermittlungsverfahren nach § 129 StGB."

Am 4. April durchsuchten mehrere Beamt_innen des LKA Sachsen die Wohnung einer weiteren Person in Dresden. Er wurde anschliessend erkennungsdienstlich behandelt und musste auf richterlichen Beschluss seine DNA abgeben. Ihm wird vorgeworfen Mitglied der kriminellen Vereinigung zu sein, gegen die das LKA seit 2010 in Dresden ermittelt. Verdächtig macht ihn, dass er als Kampfsporttrainier arbeitet und dass sein Mobiltelefon am 19.02.2011 in einer FZA festgestellt wurde. Die FZA wurde im Zuge der Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs nach Angriff von über 200 Nazis auf das alternative Wohnprojekt "Praxis" in Löbtau durchgeführt.

Josephine Fischer: "Wie bei allen Beschuldigten in dem Ermittlungsverfahren nach § 129 StGB fussen die Verdächtigungen auf keinerlei Nachweisen, an Straftaten beteiligt gewesen zu sein, sondern lediglich darauf, in den "falschen locations" zu verkehren und die "falschen" Leute zu kennen. Aus solch fadenscheinigen Gründen dringt das LKA in die Privatsphäre von Menschen ein und diffamiert sie vor ihren Nachbar_innen und Arbeitskolleg_innen als kriminell. Das LKA Sachsen kommt wie erwartet keinen Schritt weiter in ihrem Konstrukt einer kriminellen Antifabande und greift deshalb zu immer fragwürdigeren Mitteln. Dass Gerichte dies zulassen, zeigt einmal mehr, dass sich mit dem § 129 StGB jede Tür öffnen lässt."

Bereits am 15. März wurden drei Wohnungen in Finsterwalde vom LKA Sachsen durchsucht. Den Beschuldigten wird eine Beteiligung am Bundeswehr-Brandanschlag vorgeworfen. Diese wurde mit angeblich gefundenem Material aus vorangegangenen Hausdurchsuchungen im Rahmen des laufenden § 129 Ermittlungsverfahren begründet. Fast ein Jahr später will das LKA zur Erkenntnis gelangt sein, dass die Beschuldigten mit dem Brandanschlag in Verbindung stehen könnten. (Siehe auch: http://hundertneunundzwanzigev.blogsport.de/2012/03/19/finsterwalde-razzien-wegen-brand-in-bundeswehrfuhrpark-2009/)

Im seit Mai 2010 geführten Ermittlungsverfahren nach § 129 StGB sind inzwischen über 40 Personen beschuldigt. Zusammengefasst sind darin zahlreiche ungeklärte Straftaten - von Sachbeschädigung bis Landfriedensbruch - sowie ganz legale Protestaktionen, die als vermeintlich versuchte Straftaten einbezogen wurden. Im Zuge dieses Ermittlungsverfahrens fanden bereits am 19. Februar 2011 eine Razzia im Haus der Begegnung statt, am 12. April 2011 Durchsuchungen in 20 Räumlichkeiten von insgesamt 17 Personen und am 2. Mai in einer weiteren Räumlichkeit. Die über 40 Beschuldigten wurden zum Teil observiert und ihre Telefone abgehört. Für besonderes Aufsehen sorgten die in diesem Zusammenhang durchgeführten Funkzellenabfragen des LKA, bei denen über 1 Million Verkehrsdaten und über 40.000 personenbezogene Bestandsdaten abgefragt und gespeichert wurden.

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