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Demonstration gegen den Krieg in Nordsyrien wird durch rechte Fussballfans gestört

Erneut zogen am Samstag mehrere hundert Demonstrantinnen und Demonstranten durch die Dresdner Innenstadt. Anlass waren die andauernden Angriffe der Türkei auf die nordsyrischen Gebiete. Kurz vor der Abschlusskundgebung versuchten am Wiener Platz rechte Dynamo Dresden-Anhänger nach dem Ende der Partie gegen Arminia Bielefeld die Demonstration zu attackieren und provozierten mit rechten Parolen. Dabei kam es auch zu kurzen Auseinandersetzungen mit der Polizei, die inzwischen Ermittlungen wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Symbole aufgenommen hat. Zeitgleich zu Dresden demonstrierten in Leipzig ebenfalls rund 200 Menschen.

Neben dem Verein Deutsch-Kurdischer Begegnungen, dem UTA Frauenrat, der Gruppe Ya Basta! aus Chemnitz und dem AStA der Evangelischen Hochschule Dresden hatten im Vorfeld mehrere linke Gruppen zu sachsenweiten Demonstrationen gegen die seit drei Wochen andauernden Angriffe der türkischen Armee in Nordsyrien aufgerufen. Mehre hundert Menschen folgten den Aufrufen und fanden sich am Mittag unter dem Motto "Nein zum türkischen Angriffskrieg! Frieden für Rojava! Frieden für Nord- und Ostsyrien!" am Dresdner Hauptbahnhof ein.

Nach der Auftaktkundgebung und einer Schweigeminute für Opfer der Angriffe zog die Demonstration mit Fahnen und Sprechchören durch die belebte Dresdner Innenstadt und erreichte gegen 17 Uhr wieder den Wiener Platz unmittelbar vor dem Hauptbahnhof. Auf dem Dr. Külz-Ring, wie auch auf dem Neumarkt wurden jeweils Zwischenkundgebungen abgehalten. Pressesprecher Sven Wegner zog im Nachgang ein positives Resümee der Demonstration: "Wir sind froh, dass es uns gelungen ist, ein breites Spektrum unterschiedlichster Menschen und Initiativen für dieses Anliegen zu mobilisieren."

Einer der Hauptkritikpunkte der Demonstrierenden waren die Waffenexporte der Bundesregierung an die türkische Regierung. Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Deutschen Bundestag geht hervor, dass Deutschland in den ersten acht Monaten des Jahres bereits Kriegswaffen im wert von 250,4 Millionen an die Türkei exportiert hat. Laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI zählt die Türkei damit als der grösste Exportabnehmer der Bundesrepublik in Bereich Kriegswaffen.

In einer vorab verschickten Presseinformation kritisierten die Organisatorinnen und Organisatoren die Rüstungsexporte an den NATO-Partner Türkei: "Dass Deutschland sich an einem Krieg in Nordsyrien/Rojava eine goldene Nase verdient, ist für uns nicht hinnehmbar. Deutschland hat Mitschuld an den Toten in Nordsyrien / Rojava." Ihrer Ansicht nach sei abzusehen gewesen, was der türkische Präsident Erdoan mit der selbstverwalteten Region in Nordsyrien vorhabe.

Auch an dem unlängst zwischen dem russischen Staatschef Putin und dem türkischen Staatschef geschlossenen Deal von Sotschi übten die Organisatorinnen und Organisatoren weiter Kritik: "Sotschi ist für uns ein Verrat an den Menschen in der Region, allen voran den Kurd*innen. Ein Verrat, der von allen Weltmächten getragen wird", so Pressesprecher Sven Wegner im Nachgang zur Demonstration.

Bei einem Treffen in der vergangenen Woche hatten die beiden Staatschefs die Grenzregion im Norden Syriens unter sich aufgeteilt. Nach Meinung von Expertinnen und Experten sei Erdoan damit seinen Ziel, eine Zone zu schaffen, aus der sich die kurdischen Selbstverteidigungseinheiten YPG/YPJ zurückziehen müssen, ein Stück näher gekommen. Das Abkommen sei damit eine faktische Legalisierung der türkischen Besatzung. "Durch Zwangsansiedlungen von geflüchteten Araber*innen, die momentan in der Türkei wohnen, soll die ethnische Zusammensetzung der Region verändert und vor allem Kurd*innen vertrieben werden", so Wegner weiter. Erst kürzlich hatte auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International über illegale Abschiebungen hunderter Geflüchteter aus der Türkei in die nordsyrische Kriegsgebiete berichtet.

Verlief die Demonstration trotz rechtswidrigem Abfilmen durch die Polizei Sachsen, welches erst mit anwaltlicher Unterstützung beendet wurde, ohne Zwischenfälle, kam es zum Ende am Hauptbahnhof zu Auseinandersetzungen mit abreisenden Dynamofans. Nach Angaben der Polizei Sachsen sollen bis zu einhundert Fans des Zweitligisten nach der erneuten Niederlage ihres Vereins die Demonstration "verbal angegriffen" haben. Dabei wurden neben "Abschieben" und "Ausländer Raus"-Rufen, auch immer wieder Hitlergrüsse gezeigt. Die eingesetzten Beamtinnen und Beamten hätten nach Ansicht der Polizei die Fussballanhänger schliesslich abgedrängt, um körperliche Auseinandersetzungen zu verhindern.

Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist, dass das Heimspiel von Dynamo Dresden gegen Arminia Bielefeld im Rahmen der offiziellen FARE-Aktionswoche stattfand. Anstatt der üblichen Sponsorenwerbung lief die Mannschaft am 9. Spieltag in Trikots mit dem Spruch "Love Dynamo - Hate Rascim" auf. Bereits in der neunten Saison in Folge verzichteten die Sponsoren des Vereins auf Werbeeinnahmen, um den Slogan der antirassistischen Faninitiative 1953international Raum zu geben. In diesem Jahr wird die FARE-Aktionswoche von einer Plakatkampagne eingerahmt, bei der grossflächig in 23 Städten und Gemeinden der Region die Gesichter von Dynamospielern zu sehen sind, die sich gegen Rassismus aussprechen.

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