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REVIEW
.::Ein Monatsrückblick des ART Dresden::. März/April 2007

Wir sehen uns vor Gericht

"Wir sehen uns vor Gericht." Diese, von Holger Apfel im August 2004 in der konstituierenden Sitzung des Dresdner Stadtrates geäusserten Worte, kennzeichnen eine der Konstanten in der Arbeit von NPD und "freien Kräften" in den vergangenen Jahren. Damit wird freilich nicht selbstkritisch auf die unzähligen Strafverfahren gegen Nazis abgehoben, sondern vielmehr ein zunehmend wichtiger Teil nazistischer Politik benannt. Es geht dabei vordergründig auch nicht um das Überziehen direkter politischer Gegner mit Anzeigen. Es geht um das Beschreiten juristischer Wege in der politischen Auseinandersetzung. Was besonders Christian Worch jahrelang auf dem Gebiet des Versammlungsrechts vorexerzierte, betreibt das rechte Spektrum mittlerweile in vielerlei Hinsicht intensiv. Es hat wohl noch nie eine selbsternannte "Systemopposition" gegeben, die derart exzessiv von den juristischen Möglichkeiten des "verhassten Systems" Gebrauch macht. Dabei liegt der Gewinn weniger in den juristischen Erfolgen an sich, als vielmehr im Nutzen dieser für die Besetzung des öffentlichen Raumes. Bereits wenige Wochen nach der Äusserung Apfels verklagten die Abgeordneten des Nationalen Bündnis Dresden (NBDD) den Stadtrat, da sie bei der Besetzung von Ausschüssen bis auf eine Ausnahme leer ausgingen. Knapp zwei Jahre später im Mai 2006 bekamen sie vor dem Verwaltungsgericht Recht. Für das NBDD war dieses Urteil ein "erster wichtiger Erfolg" da "Die Entscheidung zeigt, dass es bei der Bekämpfung der nationalen Opposition immerhin noch Grenzen gibt." (PM des NBDD - Verwaltungsgericht Dresden erklärt Ausschusswahlen des Stadtrates für ungültig, Dresden, 22.6.2006)Etwa zur Zeit dieser Entscheidung wurde zunächst ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, und nachdem dieser vom Verwaltungsgericht abgelehnt war, eine Beschwerde beim OVG eingereicht, diesmal um die Anerkennung als Fraktion durchzusetzen. Nach dem Übertritt von Werner Klawun, der von der Bürgerfraktion rausgeschmissen worden war, zu den Abgeordneten des NBDD, wollten diese nunmehr Vier eine Fraktion bilden. In einem von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachten von Prof. Jochen Rozek, Lehrstuhlinhaber für Verwaltungsrecht an der TU Dresden wird der Fraktionscharakter verneint "weil es ersichtlich am Merkmal grundsätzlicher politischer Übereinstimmung zwischen den Stadträten Holger Apfel, Hartmut Krien und Wolfgang Schwarz einerseits und dem Stadtrat Werner Klawun andererseits fehlt." (Pressemitteilung der Stadt Dresden 25.04.2006) Die gleiche Einschätzung vertrat Hartmut Krien vor der "Fraktionsgründung" höchstselbst in der Öffentlichkeit. "Wer über Jahre so ein Multikulti- Leben geführt hat, wird nicht über Nacht ein aufrechter Nationaler. Er passt nicht zu unserer Politik." zitiert ihn die SäZ vom 10.02.2006. Das hindert das NBDD freilich nicht daran von einem "Gefälligkeitsgutachten" zu sprechen und zu behaupten "Das Demokratiescheinmäntelchen im Dresdner Rathaus ist nun um einige Löcher reicher." (PM des NBDD Fraktion "Nationales Bündnis für Dresden" wird um ihren Status vor dem Verwaltungsgericht kämpfen, Dresden, 25.4.2006) Im "Nationalen Forum" wird das Ganze als "Schmierentheater", "demokratiefeindliche politische Posse", "politische Trickkiste", "rechtsbrecherische Provokation", "rechtsbrecherische Kreativität dieser Gutmenschen" usw. usf. bezeichnet und selbstverständlich von der "Scheindemokratie" geschrieben. Damit ist der propagandistische Spannungsbogen gekennzeichnet. Wird ein juristischer Erfolg erzielt, stellen sie sich als die Retter der Demokratie dar, verlieren sie, ist es der Beweis für das undemokratische "System". Damit ist der Zweck der Auseinandersetzung erreicht. Für den eigentlichen Gegenstand der Verfahren sind die jeweiligen Urteile zweitrangig. Die Abgeordneten des NBDD sind zwar mittlerweile in den Ausschüssen vertreten, eine praktische Konsequenz hatte dies allerdings nicht. Zwar heisst es in einer Erklärung der Kommunalpolitischen Vereinigung der NPD, in der Hartmut Krien den stellvertretenden Vorsitz innehat, grosskotzig: "Im Gegensatz zu den Altparteienvertretern erheben die Kommunalpolitiker der NPD den Anspruch, Alternativen für ihre Heimatgemeinden zu erarbeiten." (23.4.2007 Vorbereitungen in Sachsen für 2008 - npd-loebau-zittau.de) aber in den Ausschüssen wird einzig durch Anwesenheit die zustehende Aufwandsentschädigung kassiert. Weiter heisst es: "Die Praxis des "reinen Abnickens" in den Kreistagen und Gemeinderäten wird so zukünftig durch die NPD-Vertreter durchbrochen." Dem können wir allerdings zustimmen - es reicht nicht einmal zum "Abnicken". Die Behauptung "Mit der Kommunalpolitischen Vereinigung zeigt die NPD Sachsen, dass die Mitglieder und Funktionäre den unbedingten Willen haben, auf allen Ebenen eine Politik für die Menschen zu leisten." ist einfach nur noch lachhaft."Dort wo wir den öffentlichen Raum prägen, dort hat das System schon heute verloren." (lausitz-infos.net 15.04.2007) Hatte sich nach dem Antifa-Sommer die Auseinandersetzung mit Nazis auch auf die Verwaltungsebene ausgeweitet, ist sie mittlerweile nahezu flächendeckend auf diese reduziert und damit einer öffentlichen Kommunikation weitestgehend entzogen. Es ist sicherlich nicht übertrieben, wenn wir davon ausgehen, dass beinahe jede Woche irgendwo Gerichte damit beschäftigt sind, Klagen der NPD oder anderer Nazis gegen Verbote, Auflagen oder Kündigungen zu bearbeiten. Aus denen gehen sie zumeist als Sieger hervor. Die Gerichte entscheiden richtigerweise ausschliesslich über das Recht zum Stattfinden der jeweiligen Veranstaltung und nicht über deren demokratischen Inhalt. Die immer wiederkehrende Beschimpfung, dass die Gerichte falsch entschieden haben, ist dahingehend völliger Unsinn. Die damit meist einhergehende Behauptung, dass man nun nichts mehr gegen die Nazis machen könne, fördert geradezu die Obrigkeitsgläubigkeit. Wer nur noch auf juristische Entscheidungen setzt und damit die Verantwortung an "den Staat" delegiert, oder wie einige zivilgesellschaftliche Initiativen das Wählen von 110 nicht nur mit Zivilcourage verwechselt, sondern als allererste Handlungsoption offen propagiert, der kommt dem autoritären Gesellschaftsverständnis der Nazis entgegen.Eine Folge daraus ist, dass alles was juristisch erlaubt ist, auch als politisch zulässig angesehen wird. Das Problem kommt erst dadurch richtig zum Tragen, da für die Kommunen, Behörden etc., aber auch die meisten zivilgesellschaftlichen Initiativen die Auseinandersetzung an diesem Punkt aufhört. Es findet kaum noch eine öffentliche Kommunikation über die Aktivitäten der Nazis statt und daraus folgend auch keinerlei Protest. In diesem freigewordenen politischen Raum agieren nur noch die Nazis. Dem propagandistischen Bestreben dieser, ein gleichberechtigter Teil der demokratischen Meinungsbildung zu sein, ist dies mehr als zuträglich. Gerade die NPD ist darum bemüht sich als demokratische Partei "Aus der Mitte des Volkes" zu inszenieren, die nur den Protest des "Volkes" artikuliert.Eine zweite Folge daraus ist, dass jegliches antifaschistisches Handeln, das trotz der juristischen Entscheidungen über ein symbolisches "Wir sind dagegen" hinausgeht, delegitimiert wird. Auch dies versuchen die Nazis mittlerweile juristisch zu fixieren.

Die NPD scheiterte allerdings mit Klagen gegen die Polizeieinsätze am 1. Mai 2004 und 8. Mai 2005. In beiden Fällen weigerten sich die Behörden die Demonstrationsstrecken für die Nazis frei zu räumen. Noch weiter trieb es der mehrfach vorbestrafte Ronny Thomas in diesem Jahr im Zusammenhang mit dem Naziaufmarsch am 13. Februar in Dresden. Gegen die zivilgesellschaftlichen Initiatoren eines Blockadeaufrufs gegen den Aufmarsch stellte er schon vorab Strafanzeige. In seinen weiteren Ausführungen (www.freie-offensive.net 23.01.2007 und 07.02.2007) wird mehr als deutlich, dass auch hier der Kampf für die Versammlungsfreiheit oder rechtsstaatliches Vorgehen nur propagandistisches Mittel ist. Ist es schon bezeichnend, dass vor einem Jahr noch stolz berichtet wurde, wie die "Freien Kräfte" auf ihrem nichtangemeldeten Marsch zum JLO-Treffpunkt zweimal Absperrungen der Polizei überwanden, erblödet er sich in diesem Jahr nicht einmal mit eigenen Verstössen gegen das Versammlungsrecht zu drohen. (www.freie-offensive.net 23.01.2007 und 07.02.2007)Aber erst die mangelnde Unterstützung des Blockadeaufrufes aus zivilgesellschaftlichen Kreisen, die bei einigen in der öffentlichen Distanzierung gipfelte, konterkarierte das Anliegen des Aufrufes Handlungsoptionen gegen den Nazigrossaufmarsch öffentlich zu debattieren und führte beinahe zwangsläufig zur Diskussion was Justiz und Polizei erlauben und was nicht. Für alle die nach Möglichkeiten für ein freies emanzipatorisches Zusammenleben suchen, kann dies allerdings kein Bezugspunkt sein. Überall dort, wo die Begriffe, "Opposition", "Widerstandskämpfer", "Menschenrechte", "Demokratie" und "Freiheit" mit denen vom "starken Nationalstaat", "gesundem Volk" oder "Volksgemeinschaft" verknüpft werden, mag das zwar juristisch legal sein, aber weder politisch noch sittlich legitim. Hier gilt uneingeschränkt der Slogan "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen". Und hier muss eine antifaschistische Linke immer versuchen zu intervenieren.

The same procedure as every time - SSS und NPD in der Sächsischen Schweiz

Fortführung, die zweite!

Dass die Kameraden aus der Sächsischen Schweiz nicht am JN-Osterlager im Feriendorf Wacheberge am Quitzdorfer Stausee teilnehmen konnten, liegt wohl an der Auflösung eines ihrer Treffen am Abend des 4. April 2007 in der Mühle am Brausenstein durch die Polizei. Dabei wäre das Programm des Osterlagers sicher ganz nach ihrem Geschmack gewesen. Von zeitigen Aufstehen über Wanderung bis hin zu germanischen Sechskampf und Kameradschaftsabend war für jeden was dabei. Aber in der Sächsischen Schweiz hatte man nach der Razzia in der Mühle Brausenstein, den anschliessenden Hausdurchsuchungen und drei Festnahmen genug mit Antirepressionsarbeit wohl anderes zu tun. So lautet der Vorwurf erneut auf "Fortführung einer verbotenen Vereinigung". Bei den Festgenommenen handelt es sich um Thomas Sattelberg, Thomas Rackow und Martin Schaffrath (zu allen siehe näheres im Kasten). Martin Schaffrath befindet sich in Haft, da gegen ihn ein Haftbefehl wegen schweren Landfriedensbruchs vollstreckt wird. Die anderen beiden wurden am Folgetag wieder laufengelassen.

Ten years ago _ der Beginn der SSS

Dass zahlreiche (ehemalige) Mitglieder der SSS jetzt bei den "Jungen Nationaldemokraten" bzw. in der NPD aktiv sind, verwundert nicht. Die Skinheads Sächsische Schweiz entstanden 1997, laut einer Anfrage an das Landratsamt Sächsische Schweiz mit Initiative des inzwischen bei einem riskanten Überholmanöver verstorbenen Fahrlehrers und ehem. NPD-Landtagsabgeordneten Uwe Leichsenring. Schon damals arbeiteten NPD und SSS Hand in Hand. So bedankte sich Uwe Leichsenring nach der Bundestagswahl 1998 schriftlich bei "den Kameraden der SSS und SSS/AO für die hervorragende Absicherung unserer Veranstaltungen und Infotische"

Verbote, Verurteilungen _ alles umsonst?

Im Frühjahr 2001 verbot der damalige sächsische Innenminister die "Skinheads Sächsische Schweiz". Auslöser für das Verbot waren zahlreiche Übergriffe, Waffenfunde und die Dominierung einer ganzen Region. Ab Sommer 2003 wurden in drei aufeinander folgenden Prozessstaffeln zahlreiche Neonazis wegen Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Damit wurde erstmalig eine rechte Gruppierung als "kriminelle Vereinigung" eingestuft. Dieses Urteil wirkte sich bundesweit aus, so dass es mittlerweile zu einer Anzahl von Verurteilungen aufgrund dieses Delikts in der rechten Szene gekommen ist. Nach dem Verbot der SSS war eine Umstrukturierung der Naziszene in der Sächsischen Schweiz dringend von Nöten, da unter jeder weiteren Organisierung das Damoklesschwert der "Fortführung einer verbotenen Vereinigung" schwebt. Nachdem Thomas Sattelberg im Jahr 2006 wegen genau jenes Delikts verurteilt wurde, versucht die regionale Szene ihre Struktur nun unter dem Dach der NPD und deren Jugendorganisation zu sichern und verstetigen.

Im Schosse der Partei

Die Kameradschaftsszene in der sächsischen Schweiz ging nach dem Einzug der NPD in den Landtag, teils in Abgrenzung zu anderen überregional bedeutenden Kameradschaften wie den "Freien Kräften Dresden" nicht den Weg der Abgrenzung. Während aus Dresden/Freital eine massive Kritik seitens der Freien an der NPD in Bezug auf Konformismus mit dem System geübt wurde, verstärkte man in der Sächsischen Schweiz die Zusammenarbeit mit der NPD. Bereits beim Hack des "Heimatschutznetz" im Februar 2005 wurde die bestehenden engen Verbindungen zwischen (ehemaliger) SSS und der NPD Landtagsfraktion offensichtlich. So gestaltete Thomas Rackow, der heute persönlicher Referent des NPD-Landtagsabgeordneten Johannes Müller ist, die Internetseite des NPD-Kreisverbandes Sächsische Schweiz neu. Nach der im Dezember 2005 stattgefundenen Razzia wegen der Fortführung der SSS bei der sein Rechner beschlagnahmt wurde, verkündete er einige Tage später: "Habe wieder nen Rechner, diesmal von nem MdL." ... "Alle Daten, Providerverträge die ich habe ruhen nun sicher bei jemanden der Immunität hat."Seit dem Verbot der SSS engagieren sich deren führende Protagonisten in der NPD bzw. JN. So auch die drei, bei der Razzia im April 2007, Festgenommen; Thomas Sattelberg und Thomas Rackow sind Mitglieder des Landesvorstands der "Jungen Nationaldemokraten", Martin Schaffrath ist Vorsitzender des JN Kreisverbandes Sächsische Schweiz.Aus dem Personenkreis der ehemaligen SSS und deren Sympathisanten wurde am 30. Mai 2005 der JN Stützpunkt Sächsische Schweiz gegründet. Der JN Stützpunkt Sächsische Schweiz übernimmt eine tragende Funktion im Landesverband Sachsen, der momentan acht Stützpunkte umfasst. So ist die Redaktionsanschrift der Zeitschrift des JN-Landesverbands "Hier & Jetzt" das Postfach des Stützpunktes in Pirna. Nach eigenen Angaben sei die "Hier&Jetzt" das neue Theorieorgan der Jungen Nationaldemokraten Sachsen", in der es "einen modernen Nationalismus zu formulieren" gelte. Thomas Rackow kündigte bereits im Mai 2005 an, dass in der Region "im Frontgebiet" die JN "Kaderschmiede für diejenigen sein [solle], die die Zeichen der Zeit erkannt haben."

A never ending story?

Ob dieser Stützpunkt die Nachfolge der SSS antreten will oder nicht, ist vielleicht juristisch von Interesse. Für eine antifaschistische Betrachtung jedoch irrelevant. Fest steht, dass die Nazistrukturen in der Sächsischen Schweiz bereits seit Anfang der 1990-er Jahre kontinuierlich aktiv sind. Einige Protagonisten, wie Thomas Sattelberg prägten diese Entwicklung von Anfang an mit, andere wie Martin Schaffrath sind später hinzugestossen. So ist die Naziszene in der Sächsischen Schweiz, ob ehemals als "Wiking Jugend" oder "Skinheads Sächsische Schweiz" oder heute als NPD/JN ungeachtet jeglicher Verbote und Verurteilungen weiterhin aktiv. Diese Kontinuität wurde und wird ermöglicht durch aktive Kader, die Unterstützung durch die NPD und vor allem durch den Anklang bzw. die Ignoranz in der Bevölkerung. Es bleibt das Fazit, dass Verbote und Razzien eine Struktur zwar vorübergehend schwächen können, das Problem jedoch nicht lösen können.

Pühse vor Landgericht freigesprochen

Der gelernte Molkereifachmann Jens Pühse ist Geschäftsführer des "Deutschen Stimme Verlages" und Bundesvorstandsmitglied der NPD. In erster Funktion wurde er im Februar vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts in Dresden angeklagt. In vier Verhandlungstagen wurden die Vorwürfe, u.a. Volksverhetzung, Gewalt- und NS-Verherrlichung und Nutzung von Kennzeichen verbotener Organisationen, erötert. Anfang März wurde Pühse in allen Anklagepunkten freigesprochen.Auslöser der Anklage vor dem Landgericht ist eine Durchsuchung der Verlagsgebäude der Deutschen Stimme in Riesa im März 2003. Die Staatsanwaltschaft vermutete verschiedene CDs mit nationalsozialistischen Inhalten beim NPD-Verlag und stellte im Zuge der Razzia mehrere tausend Tonträger sicher. Gegen einen Teil dieser dort gefundenen CDs erhob die Staatsanwaltschaft Anklage. Es handelte sich um Tonträger von Feuerstoss ("Eiserne Jungs"), Alexander Gast ("Spirit of 88", Sänger von Spreegeschwader), Panzerfaust ("Herz des Reiches"), Stahlkappen ("Unter dem Krankenkreuz"), Sleipnir ("Das rechte Wort") und Cumulus ("Der Untermensch"), sowie einen Sampler mit dem Titel "Radio Germania". Pühse wurde vorgeworfen diese CDs vertrieben und einen Teil zuvor selbst produziert zu haben.In der Verhandlung verwies Pühse mehrfach auf verschiedene Rechtsgutachten der Hamburger Anwältin und Begründerin des Deutschen Rechtbüros Isa Pahl und des Berliner Anwalts Wolfgang Nahrath. Beide "Szene"-Anwälte sind bekannt dafür, dass sie regelmässig einschlägie Nazi-Musikproduktionen begutachten und dazu freimütig Gutachten erstellen, die deren rechtliche Belanglosigkeit bestätigen sollen. Pühse übernahm die Verantwortung für Herstellung und Vertrieb der beanstandeten Tonträger. Aufgrund der Gutachten betonte er im Prozess, er hätte geglaubt innerhalb der rechtlichen Bestimmungen zu handeln.Der Anklage gelang es nicht die vorgebrachten Anschuldigungen ausreichend zu belegen. Nach Meinung des Gerichts lag entweder keine individuelle Verantwortung Pühses vor oder eine Strafbarkeit der CD-Inhalte war nicht gegeben. Infolgedessen sprach das Landgericht den Deutsche-Stimme Geschäftsführer in allen Anklagepunkten frei. Die Staatsanwaltschaft hat gegen dieses Urteil vor dem Bundesgerichtshof Revison eingelegt.

"Heimattreue Deutsche Jugend" auch in Dresden aktiv

Immer wieder stand in den letzten Monaten die völkische Kinder- und Jugendorganisation "Heimattreue Deutsche Jugend" (HDJ) im Fokus der bundesweiten Berichterstattung.Obwohl in Dresden die "Leitstelle Mitte" der "Heimattreuen deutschen Jugend" ansässig ist, ist diese kaum in der Öffentlichkeit wahrnehmbar. Denn die HDJ legt hohen Wert auf ungestörtes Agieren im Hintergrund. So griffen bei einer Veranstaltung der HDJ am 4. November 2006 in Brandenburg mehrere Nazis, unter ihnen der Bundesführer der HDJ Sebastian Räbiger ein Fernsehteam tätlich an, da sie sich in ihrer gewünschten Abgeschiedenheit gestört fühlten. Die HDJ steht in ideologischer Nähe zu der, 1994 durch das Bundesinnenministerium verbotenen, "Wiking Jugend" (WJ) und brachte eine Vielzahl heutiger Neonazikader hervor. Die Bedeutung des Vereins liegt in der konsequenten Ausbildung von Kindern und Jugendlichen für die neonazistische Szene. Auch in Sachsen sind Traditionslinien von der "Wiking Jugend" zur "Heimattreuen deutschen Jugend" sichtbar. Der jetzige Bundesführer der HDJ, Sebastian Räbiger aus Radebeul, war der letzte Gauleiter der WJ. Dieser Posten wurde ihm damals von Frank Kaden übergeben, der Jahre später ein Buch unter dem Titel "Die sächsische Wiking Jugend" veröffentlichte. Das Vorwort dazu verfasste Holger Szymanski - ehemaliger Pressesprecher der NPD-Fraktion im sächsischen Landtag und nun Angestellter der NPD-Postille "Deutsche Stimme" in Riesa.Ein anderer, der wie Sebastian Räbiger in der WJ aktiv war, ist der Aktivist des "Nationalen Bündnis Dresden" Eric Kaden. Die Verbindung zwischen beiden trug eine Zeitlang nicht nur politische Züge, sondern auch wirtschaftliche. So machten sie ihre Affinität zu bestimmten Epochen der Geschichte zum Geschäft und betrieben gemeinsam ein Versandantiquariat. Jenseits seiner politischen Arbeit, aber nicht unter Ausschluss seiner politischen Überzeugung ist Kaden als Karatetrainer im "Wado Kai Dresden e.V." tätig. Im Verein begleitet er das Amt des Vizevorsitzenden und des Jugendwarts. In der HDJ-Zeitschrift Funkenflug wurde dementsprechend bereits einmal über eine Trainingsreise nach Japan berichtet. Unbestätigten Informationen zufolge wird Eric Kaden, der bis 2006 "Neuere und neueste Geschichte" sowie Geschichte, Politik- und KommunikationswissenKommunikationswissenschaften an der TU Dresden studierte, als Mitarbeiter der NPD-Fraktion im Schwerin Landtag anfangen. Zwar stellten HDJ Aktivisten zu einem Grossteil den Ordnerdienst zum Trauermarsch am 13. Februar 2007 in Dresden. Dennoch ist die "Heimattreue deutsche Jugend", abgesehen von den feststellbaren personellen Kontinuitäten kaum sichtbar. Das lässt aber nicht auf Inaktivität schliessen, sondern verdeutlicht vielmehr die spezielle Ausrichtung der HDJ auf Hintergrundarbeit. Unter dem Mantel der vorgetäuschten bündischen Jugend- und Pfandfinderarbeit wird vielmehr nazistische Schulung und Nachwuchsrekrutierung betrieben.

kurz & knapp

.::Auf den sozialen Zug gesprungen::.

Freiberg. Am 16. März versammelten sich VertreterInnen der FreibÄrger Jugendinitiative "Buntes Leben", der Antifa Freiberg, der "Jungen Linken" und des Deutschen Mieterbundes gemeinsam mit den BewohnerInnen der Kurt-Handwerk-Strasse 2 zu einer Mahnwache, um gegen den drohenden Abriss des "altersgerechten Wohnens" zu demonstrieren. Das Freiberg nicht nur Probleme mit der unsozialen Politik des Stadtrates hat, sondern auch mit Neonazis wurde gleich zu Beginn der Veranstaltung deutlich. Neben Neonazis von den "Jungen Nationaldemokraten" (JN), angeführt von Steve Weissbach (stv. JN Landesvorsitzender) aus Lichtenberg/Freiberg waren auch "freie Kräfte" aus Dresden/Osterzgebirge unter Führung von Maik Müller aus Dresden angereist. Mit zwei Transparenten "Gegen Globalisierung und Kapitalismus", das bereits am 1. Mai letzten Jahres in Freital von den gleichen Personen gezeigt wurde, versuchten die 20 Nazis ihren völkischen Antikapitalismus zur Schau zu stellen. Vor den laufenden Kameras des MDR verhielten sich die "Kameraden", darunter einschlägig vorbestrafte wie "Hamster" aus Mulda, äusserst brav. Bisher hatten sich die Nazis eikurznen Dreck um die miese Abrisspolitik des Freiberger Stadtrats und der "Städtischen Wohnungsbaugesellschaft" (SWG) gekümmert, die NPD-Vertreter im Stadtrat hatten ebenso wie alle anderen Ratsmitglieder für den Abriss und den Rauswurf der alten Menschen aus ihren Wohnungen gestimmt. Der Auftritt der Nazis zu der Mahnwache am 16. März ist ein dreister Versuch sich mit einem vorgetäuschten Engagement öffentlich eine soziale Kompetenz zu bestätigen und mit völkisch-rassistischen sowie pseudo-antikapitalistischen Sprüchen bei gesellschaftlichen Randgruppen um Zustimmung zu buhlen.

[Antifas aus Freiberg]

.::NPD- Landeszentrale zieht um::.

Dresden/Riesa. Wie im März bekannt wurde. löst die NPD Ende Mai ihre Landesgeschäftsstelle im Dresdner Lockwitzgrund auf. Zukünftig soll diese auf dem Gelände der Deutschen Stimme ansässig sein. Gegenüber der LVZ gibt Holger Szymanski "hohe Mietkosten" und die Lage "ab vom Schuss" als Gründe für den Umzug an (LVZ, 23.03.2007). Doch nicht nur die Landesgeschäftsstelle ist von den Umzugsplänen betroffen, sondern ebenso die Abgeordnetenbüros von Holger Apfel, Alexander Delle und Rene Despang. Auch die Bundesgeschäftsstelle der Jungen Nationaldemokraten (JN) sowie der erst am 2. März gegründete JN- Kreisverband Dresden müssen sich nun eine neue Bleibe suchen. Abgeordnete des sächsischen Landtages erhalten monatlich eine Pauschale für Büro- und Wahlkreiskosten in Höhe von knapp 1200 Euro. Durch die Einrichtung der Bürgerbüros in Räumlichkeiten der Deutschen Stimme Verlagsgesellschaft bliebe dieses Geld in NPD-Hand. Geld, welches die Partei zur Zeit dringend zu benötigen scheint.

.::Abgestiegen::.

Dresden. Die Not der NPD in Dresden Räume für ihre Veranstaltungen zu finden ist augenscheinlich gross. Am 18. März 2007 fanden sich die ca. 70 BesucherInnen einer Veranstaltung mit Sebastian Richter und Frank Rennicke in der "Gaststätte Lyra" auf der Berliner Strasse wieder. Das Thema war "Kapitalismus-Kritik von 'rechts' "und Richter referierte passend zur abgeschmackten Atmosphäre der Absteigeüber die Notwendigkeit der Beschränkung von Privateigentum. Anscheinend war er so überzeugend, dass die ZuhörerInnen das beschränkte Gaststätten-Privateigentum auch noch drei (!) weitere Stunden für die vorgetragene Lebensgeschichte Rennickes ertrugen. Auf das geplante Konzert musste er aufgrund einer Erkältung verzichten.

.::Anschlagserie auf Linksparteibüros Sachsen.::.

Eine "neue" Taktik sächsischer Nazis im Kampf um die Strasse scheinen Anschläge auf Bürgerbüros der Linkspartei zu sein. Seit mehr als einem halben Jahr agieren so Nazis aus dem Umfeld der Freien Kräfte in Sachsen. Neben den Büros in Leipzig und Görlitz, trifft es immer wieder die Büros in Zittau und Mittweida. Nachdem bereits im letzten Jahr Veranstaltungen der Linkspartei, zum Beispiel in Hoyerswerda und Dresden, gestört wurden, kam es im März auch beim diesjährigen Jugendtag der Linkspartei in Schirgiswalde bei Bautzen zu Übergriffen. Ob es sich bei dieser Art von Übergriffen um einen Wettkampf zwischen den lokalen Nazikameradschaften handelt oder es zu einem Konzept gehört ist sicher noch eine Frage, die zu beantworten versucht werden sollte.

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