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Deutschland traut sich schon seit zehn Jahren

Es ist erfreulich, dass mit dem Text "Deutschland trau(er)t sich wieder" früher als in vergangenen Jahren die Diskussion um eine linke Position zu dem revisionistischen Volksspektakel "13. Februar in Dresden" eingeleitet wurde.

Deshalb soll er nicht zu lange auf Kritk warten.

Als Analyse vergangener Aktionen nur festzustellen, sie wären kaum wahrgenommen worden ist verkürzt und führt nicht weiter. Eine öffentliche Wahrnehmung kam an der Kritik des Gedenkens nicht mehr ganz vorbei. So konnten Störungen an der Frauenkirche erreichen, dass die KerzenträgerInnen ihre aufgesetzte andächtige Haltung vergassen und durch ihre aggressive Reaktion auf KritikerInnen zu erkennen gaben, dass sie die Kritik durchaus verstanden. Die vermehrt auftretenden Gegenaktivitäten, sowohl an der Frauenkirche als auch am (Neo-)Naziaufmarsch erforderten eine grössere Polizeipräsenz, die der angestrebten getragenen Stimmung nicht zuträglich war und unter den BürgerInnen zu Verstimmungen führte. Auch wer unter öffentlicher Wahrnehmung nur das versteht, was in der Presse zu finden ist, wird zunehmend fündig. So blieb der Sächsischen Zeitung nur übrig, mit Floskeln wie "pubertär provozierende Autonome" die Positionen der KritikerInnen abzuwerten. (vgl. z.B. "Gedenk-Gezerre", SZ vom 15.02.02). Eine grösser angelegte Aktion wäre vielleicht in der Lage, dem entgegenzuwirken, wobei auch gezielte Kleingruppenaktionen wie die Kommunikationsguerilla-Aktion 2001 (Bomber -Harris-Denkmal) durchaus Wirkung entfalten konnten.

Wer etwas besser machen will als bisher, muss die Versuche und Fehler der Vergangenheit detaillierter betrachten. Es gab in der Vergangenheit unterschiedliche Ansatzpunkte für Interventionen, die verschiedene Reaktionen hervorgerufen haben. So haben die Revisionisten auf die Konfrontation mit der Shoa durch die Aufführung eines Videos bei den Zugängen zur Frauenkirche - sofern sie sie nicht ignorieren konnten - sich ebenso betroffen geben können wie anschliessend vor der Frauenkirche. So wurde diese Aktion relativierend vereinnahmt.

Eine umfassende Auswertung der bisherigen Aktionen zum 13. Februar kann in diesem Kritikpapier nicht erfolgen, wird aber für die Vorbereitungen für 2004 nötig sein.

Im Folgenden noch einige weitere, konkret auf den Text bezogene Anmerkungen:

  • Das Verhalten der DresdnerInnen am 13. Februar ist keine Trauer sondern ein revisionistisches politisches Statement. Dies stellt der Text fest, ist aber "wie auch ältere Veröffentlichungen" darin nicht konsequent, sondern bezieht den Begriff der Trauer in Teilen der Analyse wieder mit ein.
  • Die Erkenntnis, dass die verschiedenen Akteure des 13. Februar im Zusammenhang gedacht werden müssen, ist nicht neu. Trotzdem hat ein Grossaufmarsch von (Neo-) Nazis auch an diesem Tag eine eigenständige Bedeutung. Welche Aktionsformen dem Gesamtgeschehen wie auch den verschiedenen Varianten entgegengesetzt werden können, ist bisher weder ausreichend diskutiert worden, noch äussert sich der Text dazu.
  • Das Zusammendenken der verschiedenen Positionen kann nicht bedeuten, die Unterschiede zu negieren. So ist es nicht richtig, dass der Mainstream aus der "Versöhnung" Rache und Vergeltung ableitet, vielmehr Anklage. Die Forderung nach Rache bleibt den (Neo-)Nazis vorbehalten.

Schade ist, dass in dem Text unklar bleibt, was die "Vorbereitungsgruppe 13. Februar 2004" selbst will. Sowohl hinsichtlich der Aktionsform als auch der inhaltlichen Ausrichtung werden keine Aussagen getroffen. Es drängt sich der Eindruck auf, die Gruppe wolle sich ohne wirkliche eigene Position auf eine Rolle der Diskussionsmoderation zurückziehen um es sich offen zu lassen, ein möglichst breites Bündnis "auch unter Einschluss der im ersten Absatz als Fraktion der Friedensarbeiter bezeichneten Gruppen" zu ermöglichen.

Vielleicht sollten gerade die in Dresden seit Jahren geführten Diskussionen zu dem Schluss führen, Bündnispartner eher in überregionalen Gruppen zu sehen, die sich mit Geschichtsrevisionismus auseinandersetzen.


gruppe freitag der 13.

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