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Leichsenrings Stossseufzer - das nationaldemokratische Demokratieproblem
Es sollte die grosse Stunde der NPD in der Sitzungswoche vom 10. bis 12. Mai 2006 werden. In der von der Neonazi- Fraktion anberaumten Aktuellen Debatte zum Thema "Alle Jahre wieder - Linke Gewalt am 1. Mai" wollte man sich erneut als Hüter von Law and Order aufspielen. Uwe Leichsenring möchte dafür "Sonderzüge" zum Abtransport politischer Gegner einsetzen. Zuvor hatte der NPD - Abgeordnete in seiner Rede bereits einen in Potsdam überfallenden Deutsch - Äthiopier als "Neger" bezeichnet und die Massnahmen der Bundesanwaltschaft diesbezüglich als "überzogen" dargestellt. Uwe Leichsenring gehörte bisher nicht zu denjenigen NPD - Abgeordneten, welche sich in der Öffentlichkeit immer wieder positiv auf den Nationalsozialismus bezogen. Getätigt wurden solche Äusserungen in den letzten Jahren eher von Holger Apfel, Klaus Jürgen Menzel und Jürgen Gansel. Für Leichsenring stand 1999 allerdings schon fest: "Das System hat keine Fehler, das System ist der Fehler." Der Stossseufzer bei der 49. Landtagssitzung war damit eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen Leichsenring Einzelheiten der von ihm geplanten Fehlerkorrektur andeutete: allgemeine Menschen- und Bürgerrechte betrachtet er als hinderlich, insbesondere Nichtweisse und politische GegnerInnen möchte er stärker staatlichem und gesellschaftlichem Terror aussetzen, den er offensichtlich als legitime politische Methodik ansieht. Die Aktuelle Debatte zu den Ausschreitungen rund um die Neonazi-Aufmärsche zum 1. Mai wurde von der NPD angezettelt, um ihr beschädigtes Ansehen bei den militanten "Freien Kameradschaften" wieder zu stärken. Der Anmelder der Nazidemonstrationen in Leipzig, Christian Worch, punktet momentan bei den Kameradschaften mit abfälligen Äusserungen über die NPD-Fraktion, wie: "Lass dich in ein Parlament wählen und versuche es dort mit dieser Verbal-Akrobatik." Darüber hinaus ist die Neonazi-Fraktion im Parlament bezüglich der meisten Themen in einer prekären Lage. Ihr fehlt die Zustimmung anderer Fraktionen, um in Umweltfragen und Sozialstaatsdebatten überhaupt teilnehmen zu können. In einigen Themenfeldern - wie "linke Gewalt", Graffitis, Drogen oder auch Asylpolitik -, sieht das anders aus. Durch die subtil populistischen Züge und die breite gesellschaftliche Ablehnung, die gerade die Diskussion um Gewalt prägen, bietet sich das Thema für die NPD an. Ans Mikrophon tritt in solchen Fällen Uwe Leichsenring, gleichermassen als Spezialist für "linke Gewalt" wie als prädestinierte Person für die Zusammenarbeit mit den "freien Kräften". So verfügt er besonders im Kreis Sächsische Schweiz, wo er seit 1991 als NPD-Vorsitzender fungiert, über beste Kontakte. Jegliche Distanzierung von gewalttätigen Neonazis liegt ihm fern. Was er im Falle eines NPD- Verbotes tun würde, beantwortete Leichsenring im Neonazi- Fanzine "White Supremacy" (Ausgabe 03/2000) mit: "Vielleicht würde ich zum Friseur gehen und bei meinen Freunden von Skinheads Sächsische Schweiz um Aufnahme bitten." Leichsenring hat allerdings viele Gesichter: vor laufenden Fernsehkameras spielt er auch gern den engagierten Wahlkreisvertreter, der sich um Sicherheitsgurte in Schulbussen kümmert. Mit den parlamentarischen Mitteln, die der Landtag den Neonazis bietet, weiss Leichsenring inflationär umzugehen. Neben dem Schwerpunkt auf "linker Gewalt", dem auch ein Grossteil seiner Anfragen gewidmet ist, vertritt er seine Partei in allen Angelegenheiten, die seinen Kreis betreffen, sowie teilweise in Sachen soziale Gerechtigkeit in Sachsen. Nicht immer wird er dabei ausfällig; er beweist sich auch als Taktiker: "Uns ist klar, dass man ein Haus nicht mit dem Dach anfängt. Die Revolution kann warten." (taz, 30.07.2005) Und hier wurzelt auch sein Erfolg: In Königstein, wo er seit 1999 im Stadtrat sitzt, wissen ihn BürgerInnen ebenso wie seine KollegInnen im Stadtparlament zu würdigen. Kein Kandidat konnte zur Kommunalwahl mehr Stimmen auf sich vereinigen. Die Strafe durch das Landtagspräsidium, eine dreitägige Sitzungssperre, wird Leichsenring nicht von seinem politischen Weg abbringen, denn, so sagt er "Der Kampf um Deutschland geht so lange weiter, bis man mich mit den Füssen zuerst wegträgt." (Zitat in "White Supremacy"; 03/2000) |
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