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Rede der Opferberatung für Betroffene rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt des RAA Sachsen e.V.
zur Einweihung der Gedenktafel für Patrick Thürmer am 27.01.15 in Hohenstein-Ernstthal

Der heutige Tag, ist ein ganz besonderer Tag. Nicht nur weil wir heute an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor 70 Jahren und somit an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Sondern weil heute auch der Tag gekommen ist, an dem wir Patrick Thürmer nach nunmehr 15 Jahren ein würdiges Gedenken setzen.

Der 17jährige Malerlehrling, Patrick Thürmer, besuchte in der Nacht zum 2. Oktober 1999 ein Punkfestival in Hohenstein-Ernstthal, welches von drei Dutzend Neonazis angegriffen wurde. Als die Punks glauben die Gruppe Neonazis hätten sich in eine Diskothek zurückgezogen, kam es zu einem Gegenangriff. Noch in der gleichen Nacht machten sich Neonazi-Gruppen auf dem Weg, um beteiligte Punks zu jagen. Patrick und ein Freund wurden schliesslich auf ihrem Heimweg von drei Männern angegriffen. Dabei fügten die Täter Patrick schwere Kopfverletzungen zu, denen er am Folgetag im Zwickauer Krankenhaus erlag. Im September 2000 wurde der 23-jährigen Haupttäter wegen Totschlages vom Landgericht Chemnitz zu elf Jahren Haft verurteilt. In seiner Urteilsverkündung lässt der Richter verlauten, dass Patrick Thürmer "stellvertretend für jene Linken", die an dem Angriff auf die Diskothek beteiligt gewesen seien, starb. Ein rechtsextremes Motiv sah das Gericht dennoch nicht.

Im Jahr 2012 wurde Patrick Thürmer jedoch nachträglich als Opfer rechter Gewalt durch den sächsischen Innenminister Ulbig anerkannt. Dreizehn Jahre nach der Tat widerfuhr ihm somit späte Gerechtigkeit. Bereits viele Jahre zuvor setzte sich die Initiative erinnern:nachdenken:handeln für ein würdiges Gedenken an Patrick Thürmer ein. Mit Hilfe ihrer Vorarbeit, dem starken Willen der Familie Thürmer und dem Engagement des Oberbürgermeisters von Hohenstein-Ernsttal, Lars Kluge, ist es uns schliesslich gelungen eine Gedenktafel für Patrick in Hohenstein-Ernstthal zu errichten.

Wir freuen uns sehr, dass sich der lange Kampf für ein würdiges Gedenken nun endlich auszahlt. Vor allem war es uns stets ein Anliegen den Wunsch der Familie Thürmer - einen angemessenen Ort der Trauer zu haben - zu verwirklichen. Gleichzeitig wollen wir mit der heutigen Feierstunde zum Ausdruck bringen, dass kein Opfer vergessen ist, nicht die Opfer des Faschismus und nicht die Opfer rechter Gewalt. Denn wie es auf der Gedenktafel für Patrick Thürmer geschrieben steht:

Es sind die Lebenden,

die den Toten die Augen schliessen.

Es sind die Toten,

die den Lebenden die Augen öffnen.

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