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Krimsekt auf Eis, Popcorn gesalzen...

Das war knapp, gerade noch einen Kinosessel erobert. Doch schon kommt Langeweile auf. Wie die nächsten drei Stunden überstehen? Schon die ersten Szenen provozieren die ersten Gähnattacken. Zum Glück sind ausreichend Popcorn und vier Flaschen Sekt gebunkert, der sie bei Laune halten wird. Die Dramatik hält Einzug und will bei ihnen einfach nicht ankommen, bei den Umsitzenden macht sich Anteilnahme breit. Die Befreiung ist nicht mehr weit, doch vorher muss noch das Deutsche Volk "verraten" werden, sei's drum! Ihre Stimmung steigt und mit jeder Bombe werden die Gläser nachgefüllt. Im gut gefüllten Kinosaal sitzen StudentInnen, LehrerInnen und couragierte KlassensprecherInnen, Friedensbewegte und BildungsbürgerInnen mit Geschichtsbewusstsein. Jubelrufe verhallen, keine Laoalawellen. Komisch, wo es doch um die Befreiung geht, oder hat sich da jemand nicht befreit gefühlt?

  • "Befreiung!"
  • Ob das jetzt der richtige Zeitpunkt sei, fragt ein Geschichtsstudent hinten links (meint er etwa sie sollten jetzt lieber mit Frau Sekretärin Traudl Junge um die Entscheidung, an Hitlers Seite zu bleiben, ringen?).
  • "Wo bleibt die Rote Armeeee?!"
  • Hinten rechts wird die durch Bombeneinschläge beendete Naziparty im Führerbunker betrauert.
  • Die betretene Stille wird von begeisterten Jubelrufen jäh unterbrochen.
  • Unverständnis auf allen Seiten.
  • Macht nichts: Sie haben auch Konfetti- Flyer dabei: Oma, Opa und Hans-Peter waren niemals Opfer, sondern Täter!
  • Verwirrung komplett.

Was bleibt da noch zu sagen?

Da die TäterInnen im Nationalsozialismus als Opfer imaginiert werden, nehmen die ZuschauerInnen Anteil an den Schicksalen aller Menschen, sei es in Dachau, der Normandie, in Stalingrad oder im Berlin im Jahre 1945, egal auf welcher Seite der Front oder des Stacheldrahtzauns sie sich befinden . Gelernt haben die ZuschauerInnen, dass in Filmen über den Nationalsozialismus rascheln, knistern, sprechen, Sekt trinken und Popcorn essen verboten ist und eben eine Bombe im 2. Weltkrieg eine Bombe ist. Im Nationalsozialismus gab es 1000 Schauplätze, die einer filmischen Erinnerungsarbeit wert gewesen wären. Sich für einen Film im Berlin von 1945 zu entscheiden spricht für die Sehnsucht nach einem Märchenfilm, in dem Hitler als Personifizierung des Nationalsozialismus agiert. Der vermeintliche Verrat am eigenen Volk scheint geeigneter die Bestialität des Nationalsozialismus transparent zu machen, als die industrielle Ermordung der europäischen Juden und Jüdinnen. Die Entkontextualisierung von TäterInnen und Opfern wird mit "Der Untergang" weiter vorangetrieben.

siehe auch jungle-world


L.e.B.a.d.K.a.n.A.

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