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PM: Vier Schritte bis zur Familientrennung - Pirna eiskalt
Anfrage und Akteneinsicht geben detaillierten Einblick in geplante Abschiebung

Eine Abschiebung nach Griechenland im Oktober lässt eine Mutter und ihr Kind allein zurück. Nun zeigt sich, wie die Ausländerbehörde Pirna über Monate hinweg die Trennung der Familie einkalkulierte und die Mitglieder in die Irre führte.

Als "regelrecht maliziös" empfindet es Jörg Eichler vom SFR, was dem Vater eines 20 Monate alten Kindes am 15. Oktober angetan wurde. Da wurde er von seinem Arbeitsplatz, einer Tankstelle in Dresden, abgeholt und nach Griechenland abgeschoben. Ihm war von den griechischen Behörden bereits humanitärer Schutz zugesprochen worden. Seit seiner Ankunft in Deutschland hatte sich jedoch einiges in seinem Leben getan, darunter die Gründung seiner Familie. Nachdem nun eine Kleine Anfrage der Abgeordenten Juliane Nagel, DIE LINKE, im Landtag beantwortet ist und Eichler Akteneinsicht bei der Ausländerbehörde Pirna nahm, wird offenbar, welches Spiel da auf dem Rücken der Familie gespielt wurde. Folgende Schritte hat die Ausländerbehörde zu verantworten, die eine Familientrennung herbeiführten.

Schritt 1: Der Familie raten, den Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen zurückzuziehen. Das tat der Sachbearbeiter der Ausländerbehörde, denn, er hätte nicht so schnell entscheiden können, antwortet das Staatsministerium des Inneren. Der Antrag sei unvollständig gewesen. "Das mag sein." kommentiert Eichler. "Das ist nur kein Grund, den Mann von seiner Tochter zu trennen." Eine rechtlich gebotene Möglichkeit, Art. 6 Grundgesetz auch für diese Familie anzuwenden, wäre eine Ermessensduldung gewesen. Damit hätte die Zeit bis zur Entscheidung über den Antrag überbrückt werden können. "Die Vaterschaft war zweifelsfrei belegt, der Pass lag vor und war vom Bundeskriminalamt als echt bestätigt worden." betont Eichler. Anstatt der Familie entgegenzukommen, sieht die Behörde dabei zu, wie sie den Antrag am 18. März 2019 zurückziehen.

Schritt 2: Der Landesdirektion als abschiebender Behörde mitteilen, dass zwischen Mutter und Vater "keine Liebesbeziehung" bestünde. "Die Ausländerbehörde muss künftig ganz dringend darauf verzichten, derartige Unterstellungen zu äussern." fordert Eichler. Das stehe einer Behörde einfach nicht zu. Eichler fragt: "Selbst wenn dem so gewesen sei - was ändert das am Recht des Kindes auf seinen Vater?" Auch die Landesdirektion, welche Abschiebungen konkret plant und durchführt, versagte spätestens ab diesem Punkt als Kontrollinstanz.

Schritt 3: Wirklich sichergehen, dass ein Familienvater abgeschoben wird indem der Landesdirektion alle Adressen mitgeteilt werden, wo er aufgefunden werden könnte. Nicht nur sein Arbeitsplatz war nun bekannt. Auch die Adresse seiner Familie. Eichler: "Pirna nahm bewusst eine Gefährdung des Kindeswohls in Kauf und riskierte, auch Art. 13 Grundgesetz, die Unverletzlichkeit der Wohnung, zu verletzen." Wohlgemerkt, ausserhalb der Grenzen des eigenen Landkreises. Mutter und Kind sind Dresdner*innen. Tatsächlich wäre es nicht das erste Mal gewesen, dass die Ausländerbehörde Pirna die Polizei zu Wohnungen von Lebens- oder Ehepartner*innen schickt und dabei auch das Kindeswohl gefährdet.

Schritt 4: Zugreifen. "Wenn ein Kind seinen Vater durch Abschiebung auf unbestimmte Zeit verliert, ist das schockierend. Doch eine solche, von langer Hand geplante Familientrennung ist ein Schlag in die Magengrube." heisst es aus dem AZ Conni. Der Verein sich bereits eine Woche nach der Abschiebung in einer Mitteilung geäussert und angekündigt "alle Hebel in Bewegung zu setzen, bis die Familie wieder zusammengeführt wurde." Dieses Ziel verfolgen SFR und AZ Conni nun gemeinsam. Eichler kann nicht prognostizieren, wann der Vater sein Kind wieder in die Arme wird schliessen können.

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