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Darf's noch ein Denkmal mehr sein?

Vor wenigen Tagen hat der Stadtbezirksbeirat Neustadt entschieden, dass ein verwahrloster Stein an der Priessnitzstrasse 2 saniert werden soll. Der Stein und ein dort eingelassenes "Mahndepot" sollen an die Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 erinnern. Insgesamt 4.000 Euro will der Stadtbezirksbeirat nun dazugeben, um die Gedenkstelle schick zu machen. Dabei ist der historische Gehalt des Ortes mehr als fragwürdig.

Schon die Herkunft des Steines ist unklar. Wer ihn wann errichtet hat, ist nicht bekannt. Dennoch wurde an diesem Ort 2003 im Rahmen des Kunstprojektes "Gravuren des Krieges" ein Mahndepot eingeweiht. Diese "Kunstaktion" kopiert letztlich die Idee der bundesweit verlegten seit 1992 verlegten Stolpersteine, um damit an das Schicksal der Menschen zu erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und umgebracht worden. Während mit den Stolpersteinen an die Opfer der Nazis erinnert werden soll, geht es bei den Mahndepots vor allem um die Folgen der Bombardierung. Nur vereinzelt werden die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands thematisiert.

Aber auch die Geschichte, die an der Priessnitzstrasse 2 erzählt wird, wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Auf der Website der Mahndepots wird ausgeführt, dass an der Stelle ein Haus durch die Bombardierung eingestürzt sei und dabei, weil eine grosse Hochzeitsgesellschaft im Keller Schutz gesucht habe, über 70 Menschen unter sich begraben habe. Belege dafür gibt es jedoch keine. Die Geschichte stützt sich einzig und allein auf die Aussage eines Hausbewohners, "der als Kind den Angriff nur wegen eines Internatsaufenthaltes in Süddeutschland überlebte" (mahndepots.de).

In dieser wackeligen Aussage eine historische Tatsache zu erkennen, ist mit geschichtswissenschaftlichen Ansprüchen nicht vereinbar. Darauf aufbauend gleich einen Gedenkort zu schaffen, ist jedoch vollkommen absurd. Auf die fehlende historische Grundlage hat bereits vor Jahren der Autor Gunnar Schubert hingewiesen: "Was bleibt von dieser Geschichte an Substanz? Einem namentlich nicht benannten Kind, das wegen eines Internataufenthaltes nicht in Dresden war, ist die Geschichte von einer unbekannt bleibenden Person erzählt worden. (…) Wir haben es hier im günstigsten Fall, also vorausgesetzt, es gab keine weiteren Übermittler und Erzähler, mit einer mündlich vorgetragenen Information aus 'fünfter Hand' zu tun, die auf keinen Zeitzeugen zurückgeht." (Schubert, Gunnar: Die kollektive Unschuld, 2006, S. 18f.). An diesem Erkenntnisstand hat sich bis heute nichts geändert: Es gibt allenfalls Hörensagen, aber keine gesicherten historischen Fakten, mit denen sich das Geschehen tatsächlich rekonstruieren liesse.

Damit ist dieser vermeintliche Gedenkort vor allem eins: Symbol einer Dresdner "Oral History", die über die Jahrzehnte hartnäckige Mythen und Legenden hervorgebracht hat. Seien es die angeblichen Tieffliegerangriffe oder die überhöhten Zahlen der Bombentoten. Das ist bis heute die Grundlage für einen Opfermythos, der sich hervorragend für Schuldabwehr und -relativierung eignet. Dass nun ausgerechnet der grün-rot-rot-dominierte Neustädter Stadtbezirksbeirat fragwürdigen 13. Februar-Gedenksteinen zu neuen Weihen verhilft, ist mindestens peinlich.

Glücklicherweise können Fehlentscheidungen korrigiert werden. Wie? Der Titel eines nach wie vor aktuellen Buches von 2013 hilft hier weiter: "Gedenken abschaffen." Für die 4.000 Euro, die dann übrig wären, findet sich mit Sicherheit eine bessere Verwendung: Angemessen wäre etwa eine anständige (Stadtteil-)Feier anlässlich des bevorstehenden 75. Jahrestags der bedingungslosen Kapitulation Nazi-Deutschlands. Ein Tag, der im städtischen Gedenken an die NS-Zeit bislang kaum eine Rolle spielt.

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