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"Alles ist so komplex ..." Kritik gegen die Zerstörung der Vernunft
Vortrag von Till Grefe
Mit der grundlegenden Behauptung der Unerkennbarkeit der Welt, so der Hamburger Soziologe Gerhard Stapelfeldt, schalte das neoliberale Denken die klassische linke Kritik am Kapitalismus still. Die Konsequenzen der Krise seien derzeit noch nicht absehbar, um so schwerer wiege die Schwäche emanzipatorischer Kritik. Was ist neoliberale Ideologie? Besteht sie tatsächlich nur aus Rationalisierung und Deregulierung? Welche Bedeutung haben derzeit neoliberale und ordnungspolitische Ansätze beim staatlichen und internationalen Versuch der Krisenbewältigung? Der Begriff "Neoliberalismus" feiert seit einigen Jahren Hochkonjunktur im linken und globalisierungskritischen Spektrum. Häufig werden hierbei in kritischer Absicht entfesselte Finanzkapitale und übermächtige Weltkonzerne einem ohnmächtigen "Nachtwächterstaat" gegenübergestellt. Tatsächlich aber ist der Staat in neoliberalen Konzepten nicht schwach, sondern er wird als autoritäre Ordnungsmacht konzipiert. Als Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise des Jahres 1929 bildete sich in Deutschland die "neuliberale" und "ordoliberale" Schule heraus. Wichtige Vertreter der Schule dienten sich dem nationalsozialistischen Regime an, unter ihnen spätere Hauptprotagonisten der bundesrepublikanischen "sozialen Marktwirtschaft". Das Konzept des Ordoliberalismus überhöht den staatlich organisierten wirtschaftlichen Wettbewerb zur natur- bzw. gottgewollten Ordnung. Das aktuell von Verfechtern des Wirtschaftsliberalismus postulierte Traumduo aus politischer Demokratie und wirtschaftlichem Wettbewerb existierte schon am Ursprung nicht. Allerdings ist es dieser Umstand, der die gegenwärtigen Kritiker des "Neoliberalismus" am wenigsten interessiert. Viele von ihnen rechtfertigen selbst einen starken Staat. Dass der Ruf nach dem "starken Staat" von staatlichen Institutionen und politischen Akteuren positiv erwidert wird, ist an vielen Stellen erkennbar. Das System aus Ausbeutung und Herrschaft aber nicht nur zu regulieren oder zu deregulieren, sondern aufzubrechen, wäre nur durch die Abschaffung von Staat und Kapitalverhältnis zu machen. Der Vortrag hinterfragt, inwieweit die Kritik des "Neoliberalismus" zur Kritik des Kapitalismus taugt. "Neoliberalismus" ist als aufklärungsfeindliche Idee ernst zu nehmen. Er ist eine Abwehrreaktion auf die kritische Theorie der Gesellschaft und den Anspruch, die Gesellschaft nach menschlichen Bedürfnisse einzurichten. |
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