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Das erste Jahr als Schüler_innengewerkschaft
Schuljahresrückblick 2018/19

Letztes Jahr nach den Sommerferien fanden wir uns als anarchistische und anarchosyndikalistische Jugendliche und kritische Schüler_innen zusammen, um eine Gruppe zu gründen. Dem voraus ging das seit November 2017 bestehende offene Bildungsbranchentreffen, die seit Februar 2018 monatlich veranstaltete Alternative Schüler_innenvernetzung, das Kritische Bildungsbündnis mit einer Vortragsreihe und einem Bildungsstreik im Juni 2018. Das alles waren Treffen, bei denen wir diskutiert und geplant, organisiert und gelernt haben.

Beispielsweise erstellten wir bei der Schüler_innenvernetzung einen Umfragebogen zu Schulkritik und führten ein Strassentheater auf, um u.a. darauf aufmerksam zu machen, dass wir in der Schule in Form gepresst werden, statt unsere individuellen Talente zu entfalten. Viele von uns waren jedenfalls der Meinung: Es braucht eine neue libertäre Jugendgruppe, die die Interessen von Schüler_innen und Auszubildenden artikuliert, Forderungen stellen kann und in Aktion tritt. Wir wurden eine - für nicht-FAU-Mitglieder offene - Sektion innerhalb des Allgemeinen Syndikats Dresdens. Zum einen, um von deren gewerkschaftlichen Erfahrungen und Strukturen zu profitieren und zum anderen, um uns mit den Kämpfen in anderen Branchen und Lebenslagen zu solidarisieren und vernetzen.

Wir fanden uns seitdem wöchentlich bei einem Plenum zusammen. Ausserdem übernahmen wir die Organisierung von der Alternativen Schüler_innenvernetzung, die wir durch Input-Vorträge, Workshops und kreative Arbeit ergänzten. Wir gaben uns den Namen Schwarze Rose, nach einem altem anarchistischen Symbol und bemerkten erst später, dass es einen gleichnamigen Schlager von Ibo gibt.

Im Oktober stand die Räumung der besetzten Baumhäuser im Hambacher Forst bevor, um RWE den Weg für den Braunkohleabbau freizuräumen. Wir wollten Schüler_innen darauf aufmerksam zu machen, dass für die Profit-Interessen der Energiekonzerne Menschen zwangsumgesiedelt, (bedrohte) Tiere verdrängt, Wasser verpestet, seit der Eiszeit bestehender Wald gerodet und durch Kohleverbrennung der - uns alle bedrohende - Klimawandel weiter angeheizt wird. Wir betonten, dass die Aktivist_innen Polizeigewalt erfahren und eingesperrt werden, weil sie unsere Zukunft verteidigen und dass wir die Entwicklungen nur mit massenhaftem Protest von unten stoppen können. Deshalb malten wir ein Banner mit der Aufschrift "Kohlekraft ist Mord an unserer Zukunft! Hambi bleibt!" und hingen es am Gymnasium Bürgerwiese auf. Eine Woche später kam an der selben Schule eine Flugblattaktion dazu, die ausführlich Problematik und Handlungsbedarf erklärte.

Vielleicht haben auch diese beiden Aktionen dazu beigetragen, dass sich ein paar Monate später viele junge Menschen den FridaysForFuture-Streiks anschlossen. Wünschenswert wäre allerdings, dass sich diese Proteste auf eine stärkere Kapitalismuskritik konzentrieren. Zum einen um den Streikcharakter hervorzuheben und auch Arbeiter_innen zum mitstreiken zu bewegen, um ökonomischen Druck zu entfalten. Zum anderen, weil sich kapitalistisches, profitorientiertes Wirtschaften und ökologische Nachhaltigkeit als globales Konzept gegenseitig ausschliessen.

Ausserdem waren wir mit der FAU beim antifaschistischen Jugendkongress in Chemnitz. Ein toller Ort um sich zu vernetzen und Input zu verschiedenen Themen zu bekommen. Bald findet er wieder statt, meldet euch an!

Das Haupt-Event des Jahres war sicherlich der F*Streik am 8. März, dem Frauenkampftag mit all seinen Vorbereitungen. Innerhalb des F*Streik-Netzwerks organisierten wir einen feministischen Streik für Schüler_innen und Auszubildende, für den wir im Vorhinein an Schulen Flugblätter verteilten sowie in unserer "Wut-&-Wünsche-Box" Zettel mit den Gedanken der Schülis zum Thema Sexismus und Schulkritik gesammelt haben. Da kam ganz schön was zusammen (von sexueller Belästigung durch Lehrkräfte, schlechter Aufklärung, Rassismus bis zum Alltag gewordenen (Schul-)Stress) und wir wurden darin bestätigt, dass Handlungsbedarf besteht! Schliesslich planten wir das Streik-Mobil, das von Schule zu Schule zieht und zum Streik auffordert. Die meisten von uns organisierten zum ersten Mal eine Demonstration selbst. Wir schrieben und hielten Redebeiträge zu folgenden Themen:

  • Warum Feminismus und warum Streik?
  • Solidarität im Schulalltag
  • Pilleschlucken, selbstbestimmte Verhütung und SaferSex
  • Kriminalisierung von Abtreibung §218 §219a StGB
  • Frauen- und Familienbild der AfD,
  • trans sein und Geschlechterrollen
  • schlechte Bezahlung von Frauen und ungleiche Aufteilung der Reproduktionsarbeit
  • Streikaufruf an Azubis der sozialen Branche
  • Solidaritäts-Aufruf für FridaysForFuture.

Wir verteilten 500 Kondome und Anleitungen, wie man diese zu Lecktüchern machen kann, weil wir für freien Zugang zu Verhütungsmitteln und Safer-Sex-Zubehör sind. Wir haben gemeinsam symbolisch das indische Holi-Pulver für die Aufhebung der Geschlechterrollen und wirtschaftlichen Klassen hochgeworfen. Wir riefen Sprechchöre, tanzten und diskutierten. Insgesamt waren wir an 6 Schulen, bei denen sich manche Schülis unserem Streikmobil laufend anschlossen und andere die Pause bei uns verbrachten und überzogen. Mit Essen wurden wir von den solidarisch-streikenden Männern beliefert und am Ende liefen wir noch zum Postplatz, wo das zentrale Streikfest stattfand.

Die interessantesten Teile der Vorbereitung waren sicherlich die, wo wir von der eigentlichen Arbeit "abgefallen" sind, weg von dem grossen theoretischen Überbau hin zu Gesprächen über die ganz persönlichen Blicke auf und Erfahrungen mit Sexismus und Queerfeindlichkeit. Auch wenn es zeitweise mit Stress verbunden war all das zu organisieren, war es super empowernt dies als eigene Struktur von unten auf die Beine gestellt zu haben. Selbstorganisation rockt!

Insgesamt haben wir 3 Vortrags-/ Workshopveranstaltungen an Schulen durchgeführt, zuletzt beim von Schüler_innen selbstorganisierten Toleranztag am Pestalozzi-Gymnasium. Dort gab es einen Schulkritik-Workshop und einen Vortrag zum Thema "Wege nach der Schule" samt Hindernissen durch sozialen Hintergrund (Klassismus) oder Patriarchat, Vor- und Nachteile und basisgewerkschaftliche Handlungsoptionen. Dazu kommen 10 von uns organisierte Schüli-Vernetzungen seit September 2018. Zusätzlich schufen wir am letzten Schultag eine Anlaufstelle für Schülis, die Stress wegen Ihrem Zeugnis bekommen könnten.

Wir nahmen an zahlreichen Demonstrationen mit Transparenten, Stickern und Flugblättern teil, sei es bei Fridays for Future oder gegen PEGIDA und das neue sächsische Polizeigesetz.

Ausserdem bearbeiteten wir als Schüler_innengewerkschaft Fälle von einzelnen Personen, die sich an uns wandten. Das sind beispielsweise grenzüberschreitendes / diskriminierendes Verhalten von Lehrkräften oder sonstige unzulässige Ausnutzung ihrer Positionen, aber auch das Intervenieren, wenn sich Mitschüler_innen wiederholt rassistisch / antisemitisch äussern und von Seiten der Schulleitung (mal wieder) nichts passiert.

Wir haben viel geschafft und gelernt in unserem ersten Jahr und kämpferisch geht's weiter!

Als Jugend-Sektion der Basisgewerkschaft FAU sind wir dafür da, die Interessen von Schüler_innen, Auszubildenden und "Freiwilligen" (FSJ, FÖJ, BuFDi, etc.) durchzusetzen und uns für eben deren Rechte einzusetzen. Als Anarchist_innen, Feminist_innen und Antifaschist_innen kämpfen wir für Freiheit, Selbstverwaltung und Emanzipation, gegen Hierarchien, Autorität, Ausbeutung, Umweltzerstörung, Diskriminierung und den Rechtsruck. Wir organisieren uns weiter von unten! Für ein neues kämpferisches Jahr inner- und ausserhalb der Schulen!

Wir wünschen euch und uns schöne und erholsame Ferien!


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