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Wanzen versus Würde des Menschen
Kontaktgruppe Asyl e. V. berichtet über die Zustände in den Asylsuchendenheimen in Dresden

"Mit einer Wohnung kann man einen Menschen ebenso erschlagen wie mit einer Axt", stellte Heinrich Zille zu Beginn des 20. Jahrhunderts fest. Einhundert Jahre später müssen wir leider feststellen, dass auch in unserer inzwischen viel reicheren Gesellschaft Menschen durch Wohnverhältnisse wenn nicht erschlagen, so doch geplagt, verletzt und gekränkt werden. Konkretes Beispiel ist die Situation im grössten Dresdener Heim für asylsuchende Menschen auf der Florian-Geyer-Strasse.

In der Beratungsstunde der Kontaktgruppe Asyl berichteten etliche Bewohnerinnen und Bewohner von der Ungezieferplage, mit der sie permanent leben müssen. Mütter klagten darüber, dass Bettwanzen ihren Kindern so zusetzten, dass sie nicht schlafen könnten und sich oft blutig kratzen würden. Aus mehreren Berichten und eigener Anschauung wissen wir von starkem Schimmelbefall in der Gemeinschaftsunterkunft. Die Asylsuchenden, die nur ausnahmsweise die Alternative eines Wohnungswechsels haben, sind wegen der Beseitigung der gravierenden Missstände auf Reparatur- und Renovierungsmassnahmen durch Heimleitung und Personal angewiesen. Ein Bewohner beklagte, dass die Durchführung solcher Massnahmen auch von der Gunst des Heimleiters abhänge. Wer ihm unsympathisch sei, habe schlechte Chancen. Nach wiederholten erfolglosen Beschwerden riss dem Betroffenen der Geduldsfaden und er riss den Fussbodenbelag seiner Wohnung eigenhändig heraus. Dabei entdeckte er eine sehr lebendige Menagerie sechsfüssiger Untermieter, die eiligst neuen Verstecken zustrebten. Als Reaktion auf diese Selbsthilfemassnahme warf die Heimleitung den Mann aus dem Haus.

Mit Brief vom 15.05.2014 hatte ein Mitglied der Kontaktgruppe Asyl dem Gesundheitsamt der Stadt Dresden diese üblen Zustände angezeigt, auf gesundheitliche Risiken vor allem für Schwangere und Kleinkinder hingewiesen und dringend um Abhilfe ersucht. Das Gesundheitsamt reagierte nicht darauf. Bei telefonischer Nachfrage am 16.06.2014 teilte eine Mitarbeiterin mit, dass das Amt nur Aufsichts- und Kontrollinstanz für die Heimbetreiber sei, selbst aber keine Massnahmen in die Wege leiten würde. Die Heimleitung habe Schädlingsbekämpfungsmassnahmen eingeleitet, somit gäbe es für das Amt weder Veranlassung noch Möglichkeit zum Eingreifen. Der Heimbetreiber erklärte am Telefon, dass er sich des Problems bewusst sei, es bekämpfe, aber immer wieder mit Rückschlägen konfrontiert werde. Da seitdem die Beschwerden nicht verstummt sind, ist ersichtlich, dass der Heimbetreiber mit der Bewältigung des Ungezieferproblems offensichtlich überfordert ist.

Wir fordern vom Gesundheitsamt der Stadt Dresden, sich nicht auf eine formaljuristische Position zurückzuziehen, sondern aktiv zu werden, um die menschenunwürdigen unhygienischen Zustände schnellstmöglich zu beenden! Keine deutsche Mieterin würde ihre Kinder auch nur zwei Wochen lang den Attacken von Bettwanzen aussetzen. Den Asylsuchenden hingegen fehlen Alternativen, um sich und ihre Kinder zu schützen. Die Freigabe der Wohnungssuche für asylsuchende Menschen ist deshalb ein ebenso unverzichtbares Element zur Entschärfung der Probleme wie eine engagierte Nothilfe seitens der zuständigen Behörden. Wir appellieren an die Öffentlichkeit, den schwachen Hilferuf der Betroffenen so zu verstärken, dass sein Echo auf den Fluren des Rathauses endlich Verantwortungsgefühl und Empathie erweckt! Die geflüchteten Menschen sollen noch vor dem Weihnachtsfest wieder ungestört schlafen können!

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