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PEGIDA-Demo die Fünfte
Bericht über die letzte PEGIDA-Demo und den antirassistischen Widerstand
Auch an diesem Montag konnte der Umzug von PEGIDA (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) wieder mehr Menschen mobilisieren. So verdoppelte sich die Personenzahl gegenüber der Vorwoche auf inzwischen 3.500 an (Fotos 1 | 2). Treffpunkt am Montag war der Dr.-Külz-Ring, wo sich die Menschen gegen 18.30 Uhr versammelten. Danach ging es schweigend eine Stunde lang auf neuer Route durch die Dresdner Innenstadt. Am nahezu menschenleeren Postplatz angekommen, wurde mit Smartphones in den Dresdner Nachthimmel geleuchtet und dabei gerufen: "Dresden zeigt wie es geht". Zuguterletzt zerstreuten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, nachdem sie lauthals den von den Montagsdemonstrationen in Leipzig 1989 bekannt gewordenen Spruch: "Wir sind das Volk" skandiert hatten. Im Unterschied zu den vergangenen Wochen, betonte Sprecher René Jahn in der schon bekannten Eröffnungsansprache, dass sich die Demonstration nicht gegen den Islam als Religion richte. Er verwies dazu auf die Teilnahme von Muslimen in den eigenen Reihen und erinnerte gleichzeitig an den ersten türkischen Präsidenten Mustafa Kemal Atatürk, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein muslimisch geprägtes Land mit harter Hand modernisierte. Obwohl zumindest in der Öffentlichkeit der Nazivorwurf immer wieder zurückgewiesen wurde, spricht der in sozialen Netzwerken auch durch die Veranstalter propagierte Rassismus und die gegen Linke vorgebrachte Hetze eine ganz andere Sprache. Neu an diesem Tage war einzig, dass sämtliche im Dresdner Stadtrat vertretenen Fraktionen in einer gemeinsamen Erklärung daran erinnerten, dass Demokratie "auf der universellen Anerkennung der Menschwürde als Grundlage allen staatlichen Handelns" beruht. Aus den eigenen Erfahrungen heraus sei heute Solidarität mit all jenen Menschen erforderlich, deren Leben in ihrer Heimat gefährdet ist, die bei uns Schutz suchen und die keinen anderen Weg mehr sehen, als ihre Heimat zu verlassen. Als Reaktion auf eigene Ängste und Unsicherheiten Menschen zu bedrohen, die hier Schutz suchen und ausserdem diejenigen zu beschimpfen, die sich oft ehrenamtlich um Hilfesuchende kümmern, sei nach Auffassung aller Fraktionsvorsitzenden "keine Antwort". Neben den politisch Verantwortlichen in der Stadt hatten auch Kirchen, Vereine und das durch die Blockaden um den 13. Februar über die Stadtgrenzen hinaus bekannt gewordene Bündnis "Dresden Nazifrei" zu eigenen Kundgebungen und Protesten aufgerufen. So fand am frühen Abend eine Kundgebung an der Frauenkirche statt, die von etwa 200 Menschen jeden Alters besucht wurde. Auf der Veranstaltung sprach Superintendent Christian Behr und rief die Bevölkerung dazu auf, für Menschenrechte und Religionsfreiheit einzutreten. Etliche der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Neumarkt, welcher noch bis zur letzten Woche Ziel der PEGIDA-Demonstration war, machten sich später auf, um ihren Protest direkt an der Strecke kund zu tun. Auf Einladung von "Dresden Nazifrei" hatten sich am Postplatz rund 100 Menschen versammelt. Daneben fand auch die linke Gegendemonstration, ausgehend vom Goldenen Reiter auf der Neustädter Elbseite, wieder statt. Am Eingang der Prager Strasse angekommen, schafften es die knapp 400 Menschen, zumindest die Auftaktkundgebung von PEGIDA lautstark zu stören. Diese Demonstration zog anschliessend weiter und endet mit einer Besetzung des Theaterplatzes, der zeitweilig als Ort der Abschlusskundgebung gehandelt worden war. Nachdem in Dresdner Boulevard-Medien nach Bekanntgabe der Teilnahme von "Dresden Nazifrei" an den Protesten, Krawalle herbei halluziniert worden waren, wurde auch der Polizeikontingent auf insgesamt 360 Einsatzkräfte aufgestockt. Dessen ungeachtet kam es am Montag auch zu direkten Aktionen in Form von Sitzblockaden auf der Wilsdruffer Strasse. Unter lautem Beifall der ansonsten wieder ruhig lediglich mit Deutschlandfahnen durch die Strassen ziehenden PEGIDA-Anhängerschaft, wurden dort engagierte Personen durch die Polizei von der Strasse getragen. Ein Novum und Hoffnungsschimmer waren die Proteste einiger weniger Bürgerinnen und Bürger, die sich erstmals offen ablehnend gegenüber dem rassistischen Aufzug zeigten und ihn stellenweise mit "Flüchtlinge Willkommen" Schildern begleiteten. Auf diese Weise haben die Anfangs vor allem durch Antifagruppen getragenen Gegenaktivitäten zwar kaum an Zulauf, dafür jedoch aber an Vielfalt gewonnen. Ein Wermutstropfen bleiben die grundlosen Übergriffe durch die Polizei nach dem Ende der Veranstaltungen, bei denen mehrere Menschen durch den Einsatz von Pfefferspray unweit des Postplatzes verletzt wurden. Aufgrund der aktuellen rassistischen Grundstimmung sowie der stetig wachsenden Mobilisierung gegen Geflüchtete, ist am kommenden Montag mit weiterem Zulauf auf Seiten von PEGIDA zu rechnen. Was jedoch die wirklichen Ziele der Veranstalter sind, bleibt einmal mehr offen. Ihre formulierten Forderungen unter den sieben oder wahlweise acht Punkten sind Allgemeinplätze beziehungsweise erstaunlich unkonkret. So wirken die inzwischen nach Aussen hin ruhig verlaufenden Proteste auch eher wie ein grosses Schaulaufen all jener Menschen, die sowohl mit ihrer eigenen, als auch der Gesamtsituation hierzulande unzufrieden sind. Gegenstand ihrer Kritik sind trotz allem weniger die gesellschaftlichen Verhältnisse und derzeitigen geopolitischen Entwicklungen, sondern vielmehr "radikalreligiöse Gruppierungen" und "straffällig gewordene Zuwanderer", für die sie die sofortige Abschiebung fordern. Die ebenso wie die von PEGIDA geforderten verstärkten Einreisekontrollen an deutschen Bahnhöfen schon länger keine keine Ausnahme mehr sind. Was bleibt neben der gerade in Zeiten von sportlichen Grossereignissen kaum zu übersehenden "Liebe zum Vaterland" übrig: eine eigene kulturelle "abendländische" Identität? Dagegen wehren sich Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Konfessionen, die sich für eine weitere Aufnahme von Flüchtlingen und eine neue Form der Willkommenskultur einsetzen. Dass es mit dem auch vom Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt (CDU) in einem Interview mit der Sächsischen Zeitung geforderten Dialog allerdings nicht zum Besten bestellt ist, wird spätestens bei den von der Stadt angebotenen offenen Gesprächs- und Diskussionsrunden in den einzelnen Stadtteilen sichtbar. Dort kommt es dann, abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, immer wieder zu lautstarken Beschimpfungen und Drohungen gegenüber Offiziellen der Stadt und jenen Menschen, die sich für eben diese Willkommenskultur einsetzen. Anders als in anderen Städten, wo auch durch die Bevölkerung immer wieder versucht wird, den oft traumatisierten Flüchtlingen Hilfe anzubieten, entsteht gerade in Sachsen der Eindruck, als ob sich Geschichte wiederholt. Nur wenige Monate nachdem im Herbst 89 in Leipzig hunderttausende Menschen für eine demokratische Neuordnung auf die Strasse gegangen waren, wurden auch in Sachsen Flüchtlingswohnheime angegriffen und Menschen aus rassistischen Motiven heraus ermordet. Ob es angesichts der Flüchtlingssituation in den Krisenregionen dieser Welt ratsam ist, die Probleme der am lautesten schreienden Deutschen genauso ernst zu nehmen, wie die Not der Flüchtlinge, ist fraglich. Das jedenfalls forderte kein geringerer als der Leiter der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung (SLpB), Frank Richter, tatsächlich in einem Interview mit der Sächsischen Zeitung. Und das Klima in Dresden bleibt weiter angespannt. So fand am Montag nicht nur in der Dresdner Innenstadt eine rassistische Veranstaltung statt. Anders als bei der in erster Linie islamfeindlichen PEGIDA-Demonstration richtete sich der von AfD-Mitglied Sören Oltersdorf am Montag angemeldete Protest mehrerer hundert Menschen in Klotzsche wie schon in der Woche zuvor gegen den Zuzug von Asylsuchenden. Und es wird immer skurriler, am Tag darauf demonstrierten schon zum zweiten Mal etwa 50 Menschen in Wilsdruff rein präventiv gegen ein gar nicht geplantes Heim für Asylsuchende in ihrer Stadt. Und es geht weiter, für das 10 Kilometer von Dresden entfernt gelegene Heidenau mobilisieren inzwischen Nazis zu einer Kundgebung am 28. November auf dem hiesigen Marktplatz "gegen Überfremdung und einer drohenden Islamisierung" ihres Landkreises. |
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