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Geheime Informanten
coloRadio am 22. April, 21.45 Uhr

Die Forderung nach Abschaffung des Verfassungsschutzes ist im Moment nicht gerade populär. Und doch gehörte sie vor noch gar nicht allzu langer Zeit zum Programm einer heutigen Regierungspartei, der Grünen. Auch viele ehemalige DDR-Oppositionelle wollten nach den Erfahrungen mit der DDR-Staatssicherheit grundsätzlich keinen Geheimdienst mehr. In unserer Sendung beschäftigen wir uns mit dem enuen Buch des Rechtsanwalts und Geheimdienstexperten Rolf Gössner, das der kritischen Auseinandersetzung mit dem Verfassungsschutz einen neuen Anstoss geben könnte: "Geheime Informanten", Untertitel: "V-Leute des Verfassungsschutzes: Kriminelle im Dienste des Staates". Der Autor beschäftigt sich speziell mit den Verbindungen zwischen dem Inlandsgeheimdienst und der rechtsextremen Szene. Was zunächst wie eine Provokation wirkt, belegt Gössner auf 315 Seiten mit bisher unveröffentlichem Aktenmaterial und eigenen Recherchen bei V-Leuten, Geheimdienstlern, Politikern, Richtern und Staatsanwälten. Sein Fazit: Der Verfassungsschutz ist im Gestrüpp brauner Parteien und Neonazigrouppen tief verstrickt. V-Leute begehen oder provozieren Straftaten, um sich nicht als Spitzel verdächtig zu machen. Dabei werden sie vom Verfassungsschutz vor polizeilicher Verfolgung abgeschirmt. Über V-Leute werden indirekt Neonazi-Aktivitäten mit Staatsgeldern unterstützt. Nicht selten werden Leute, die aus der rechtsextremen Szene aussteigen wollen, vom Verfassungsschutz veranlasst, dort auszuharren, um sich als Informanten "zu bewähren". Ausführlich beschäftigt sich der Autor mit dem gescheiterten NPD-Verbotsverfahren. Er untersucht akribisch die personelle Verflechtung von Verfassungsschutz und Führungsgremien der Partei und die panischen Versuche der Antragsteller (Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat), das vor Gericht durch eine Art "Geheimprozess" notdürftig zu verschleiern. Bekanntlich scheiterte der Verbotsantrag kläglich, die NPD durfte sich über kostenlose Propagandafreuen.

Für Rolf Gössner sind die Inlandsgeheimdienste reformunfähig. Die über 50jährige Geschichte des Verfassungsschutzes sieht er als eine Geschichte von Skandalen und Bürgerrechtsverletzungen. Auch und gerade seine Rolle bei der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus müsse grundsätzlich in Fage gestellt werden. Eine Alternative ist für den Autor allenfalls eine offen arbeitende, wissenschaftliche Dokumentationsstelle zur Beobachtung, Erforschung und Analyse des Neonazismus.

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