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Schöner leben ohne Naziläden!
Aufruf zur Demo gegen Backstreetnoise & Co. am 25. September 2004 in Chemnitz, Treff 12.00 Uhr - Ecke Stollberger Strasse/W.-Sagorski-Strasse

That's o.k. baby, just tell me all your problemss

Mit einer gross angelegten Verteilaktion wollen Rechtsextremisten Jugendliche an deutschen Schulen für ihre Gesinnung gewinnen. Unter dem Namen "Aktion Schulhof" sollen diesen Herbst bis zu 250.000 CDs bundesweit gratis verteilt werden. Eine Neonazi-Kooperation bestehend aus 56 internationalen Kameradschaften, Skinheadgruppen, Musiklabels und Versandgeschäften steht hinter der Aktion. An dem Sampler "Anpassung ist Feigheit - Lieder aus dem Untergrund" sind 20 szenebekannte Rechts-Rockbands aus dem In- und Ausland beteiligt, unter anderem "Noie Werte", "Stahlgewitter", "Nordfront", "H8-Maschine", "Spirit of 88", "Hauptkampflinie" und "Frontalkraft". Zu den Unterstützern der Aktion Schulhof gehört auch das Chemnitzer Label PC-RECORDS, welches im Chemnitzer Naziladen BACKSTREETNOISE ansässig ist und von HENDRIK LASCH und SILVIO STRAUCH verantwortet wird. Das BACKSTREETNOISE befindet sich im ehemaligen Versorgungszentrum Robert-Siewert-Strasse und besteht seit 2000.

Knowing that hate is wrong and love is right for us tonight

Die dichten Strukturen der Rechten, die mit der CD-Verteilaktion zu Tage treten, wurden über Jahre aufgebaut. Schon der Prozess um die Berliner Naziband LANDSER offenbarte die überregionale Vernetzung um das Geschäft mit rechter Musik und die Rolle von Nazis aus Chemnitz in diesen Strukturen. Die Stadt Chemnitz war die Drehscheibe der Produktion der später verbotenen CD "Ran an den Feind" der Band, die mittlerweile von der Justiz per Gerichtsurteil als kriminelle Vereinigung eingestuft wurde.

Als Begründer der Vermischung von nazistischer Ideologie und Versatzstücken der Punk- und Rockmusik gilt Ian Stewart Donaldson, Sänger der britischen Band Skrewdriver, seit seinem Tod 1993 Fixpunkt eines regelrechten Personenkultes der Neonazis. Donaldson propagierte die Bedeutung von Musik als Träger nazistischer Propaganda und begründete das in Deutschland im Jahr 2000 verbotene Netzwerk Blood & Honour. Musik sei viel attraktiver zur Gewinnung der Jugend als langweilige Parteiversammlungen, so Donaldsons durchschlagende Erkenntnis. 1991 überfallen Ian Stuart und seine Band mit ihrem aufgeheizten Publikum in Cottbus Asylbewerber und Migranten und demolieren einen Jugendclub. Immer noch ist Musik mit rassistischen, antisemitischen und nationalistischen Inhalten wie die von LANDSER selbst der Soundtrack zur Gewalt. In Guben, wo im Jahr 1999 der Asylsuchende Farid Guendoul zu Tode gehetzt wurde, hatten sich die Täter vorher mit der stumpfen Musik der Berliner aufgeputscht. Nazimusik lebt von der Gewalttätigkeit, sowohl in den Inhalten als auch im Image ihrer Vertreter. Der Thüringer Möbus wurde mit seiner Band Absurd bekannt, weil er und Bandkollegen einen Mitschüler ermordeten - er wand sich dann im Gefängnis offen dem Nationalsozialismus zu.

Blood & Honour-Divisionen bestehen heute in allen Teilen Europas und der USA. Auch in Deutschland bestehen trotz des Verbotes die Strukturen fort, Bands aus dem Blood & Honour-Umfeld gehören nach wie vor zu den Vorzeigebands der Szene. Läden und Vertriebe sind aus diesem Netzwerk hervorgegangen und sind wichtige Bindeglieder der Struktur. Das Geschäft mit Nazidevotionalien und Musik im Internet blüht, in den Läden trifft man sich, kann in CDs reinhören, probiert Klamotten an und schwatzt über Neuigkeiten, dazu wird Laufkundschaft angezogen, die sonst wenig Berührung mit organisierten Neonazis hätte.

Sichtbares Ergebnis dieser Entwicklung ist die Entstehung einer rechten Popkultur mit allem, was auch aus anderen Szenen bekannt ist: Konzerte mit den eigenen Bands, eigene Labels und Marken, Fanzines, Tatoostudios, Securities und Vertriebe. Mode im "Nazi-Style" anzubieten, wird auch für andere Geschäftsleute attraktiv. In einigen Regionen wird die rechte Optik zur alles Dominierenden, Rechtssein wird zur Normalität, der Begriff der "rechten Szene" greift an solchen Orten zu kurz. Neu sind Absatz- und Verfeinerungstendenzen: Zwar begegnet einem auch heute noch der klassische Neonazi im Springerstiefel-Seitenscheitel-Outfit, aber Nazis, die richtig schick sein wollen, greifen zu anderen Mitteln - vor allem übernehmen sie bewährte Symboliken anderer Jugendkulturen. Das Bedürfnis nach nazi-untypischen Stilen wird durch neue Angebote gesättigt. Beispiele sind etwa die neue Marke "Rizist", die im Stil eines Graffiti-Schriftzugs gestaltet und mit der Silhouette eines schwer bewaffneten Scharfschützen unterlegt ist, oder der "rock'n'rollig" verpackte Schriftzug der Band Hate Society, ein in Flammen stehender Bandname und ein wahlweise als "Hate" oder "Heil Hitler" zu entschlüsselnden Logo "H8" aus Herz-As und schwarzer Billardkugel.

I don't care if he buys you nice things, does his gifts come from the heart?

Sichtlich sind Nazis bemüht, Klischees über Bord zu werfen und sich - möglichst leger und poppig - am rechten Rand des Mainstreams einzurichten. Bislang am erfolgreichsten gelang dies wohl mit der Marke THOR STEINAR, die binnen zwei Jahren ausgehend vom Vertrieb über Naziläden mittlerweile auch die Auslagen normaler Boutiquen erobert hat. Mit rechter Ideologie und Symbolik lässt sich auf dem Markt "gutes Geld" verdienen, schliesslich bedient man die Nachfrage nach einer nationalen Identität, die schick und unverkrampft daherkommt. Auch wer bisher beispielsweise Hip-Hopper oder Rock'n'Roller war, soll jetzt bei der Nationalen Bewegung mitmachen dürfen und sich dazu keine Glatze mehr schneiden müssen. Die Ideologie wird beibehalten, die Szene öffnet sich aber verschiedenen Stilen, nicht nur im Sinne der Unterwanderung sondern auch dadurch, dass Menschen aus anderen Szenen zur Rechten kommen und ihr subkulturelles Wissen für die rechte Mobilisierung nutzen. Eine beobachtbare Konsequenz ist das Verschwinden von Berührungsängsten anderer Szenen und Subkulturen gegenüber Nazis und ihrer Ideologie. Mode und Unterhaltung (Kultur) stehen scheinbar im Mittelpunkt. Die Inhalte werden nicht reflektiert und teilweise sogar übernommen.

Analog zu den neuen Vermarktungserfolgen haben sich die Rechten auch in ihrer politischen Organisation loseren Formen zugewandt. Neben den Parteien bestimmen heute Kameradschaften und Gruppen mit Bewegungscharakter wie die Skinheads Sächsische Schweiz (SSS) das Bild der aktiven Neonaziszene. Dabei ist teilweise eine Abgrenzung zu Parteien zu beobachten, andererseits auch das Bemühen der Parteien, andere Gruppen als Rekrutierungsfeld zu nutzen und aus den Erfolgen der lockeren Gruppen zu lernen.

Auch bei Veranstaltungen der NPD wird inzwischen dem kulturellen Bereich grösserer Raum eingeräumt - wie erst beim kürzlich stattgefundenen Pressefest der Deutschen Stimme in Mücka zu beobachten war - da dadurch ein breiteres Spektrum angesprochen werden kann und Rechtsextremisten, die nur wenig Interesse an klassischer Parteiarbeit haben, bei der Stange gehalten werden können.

Wirtschaftlicher Erfolg sorgt für eine Professionalisierung in der Neonaziszene. Ein nicht unbeträchtlicher Personenkreis verdient seinen Lebensunterhalt mit der Weltanschauung, kann sich rund um die Uhr der Organisation der Szene und der Verbreitung und Vermarktung rassistischer, antisemitischer, homophober und nationalistischer Ideen widmen, die ideologische Begründung für Hass liefern und damit Menschen zu Gewalt aufstacheln.

Die Stadt Chemnitz, in der es seit Jahren keine offene Auseinandersetzung mit der rechten Szene gibt, spielt im Handel mit Mode und Musik eine besondere Rolle. Für Geschäfte und Konzerte bietet die Stadt bislang ein verhältnismässig ruhiges Betätigungsfeld. Ein grosser Teil der bestimmenden Akteure war auch schon in der Gruppe CC88 aktiv, die in der zweiten Hälfte der 90er Jahre Konzerte mit Nazibands in Chemnitz veranstalteten und Fanzines wie "White Supremacy" und "Foier Frei" herausgaben. HENDRIK LASCH, der Inhaber der Internetdomain "backstreetnoise.com" war in dieser Gruppe aktiv. Vor einem Jahr zeigte ein Blick auf die Homepage auch, welche Verbindungen der Laden hat: Fotos zeigten die einflussreichen Blood & Honour-Bands Warhammer und Blue Eyed Devils vor dem Laden.

Seit dem 2. Dezember 2002 ist SILVIO STRAUCH mit im BACKSTREETNOISE aktiv. Dieser betreibt in Dresden einen weiteren Laden, das OUTLINE in der Leipziger Strasse 163. Diese überregionalen Vernetzungen werden auch bei einem weiteren Chemnitzer Nazi-Versand deutlich: In der Rabensteiner Burgstrasse 6a residiert der SONNENTANZVERSAND. Dieser gehört zur RAVENSTONE GMBH, welche von Limbach-Oberfrohna einen Label- und Mailorder-Service sowie in Aue, in der Goethstrasse 18, ein Geschäft SONNENTANZ betreibt. Geschäftsführer der RAVENSTONE GMBH sind MICHAEL PROBST, früherer Sänger der Naziband Kroizfoier, und STEPHAN NEUMANN. Der SONNENTANZVERSAND Limbach/Oberfrohna verfügt über das Postfach, unter welchem Mitte der 1990er Jahre das Nazi-Fanzine "Foier Frei" von JENS SCHAARSCHMIDT herausgegeben wurde. SCHAARSCHMIDT war ebenfalls in der Gruppe CC88 aktiv, ebenso wie JAN WERNER, welcher massgeblich an Produktion und Vertrieb der bereits erwähnten LANDSER-CD beteiligt war.

Neben den aufgeführten führt OLIVER REH einen weiteren Versand - N-VERSAND - von seiner Wohnung, Am Stadtpark 8, aus.

I'll be the one - Who will make all your sorrows undone

Mit der Kampagne "Schöner leben ohne Naziläden" soll das bisher weitgehend ungestörte Treiben und Wirtschaften der Naziläden be- und verhindert werden. Die Knotenpunkte der Naziszene sollen öffentlich gemacht, die Akteure benannt und die schleichende Übernahme subkultureller Milieus zurückgedrängt werden. Im Zusammenhang damit muss aber auch der in weiten Teilen bestehende rechte Konsens thematisiert werden, da ungestört agierende Naziläden nur ein Ausdruck dessen sind. Zum rechten Konsens zählen sowohl die offensichtlich ausreichenden Käuferscharen wie auch die Gleichgültigkeit, mit der das Treiben der Nazis geduldet wird. Eine solche Normalität, wie die des ungestörten Bestehens von Naziläden wie BACKSTREETNOISE darf nicht länger hingenommen werden!

Wir fordern die Schliessung des BACKSTREETNOISE! Der Vermieter, das Bundesvermögensamt ist aufgefordert den Mietvertrag zu kündigen. Uns ist klar, dass nach einer Schliessung des Ladens die Ware auch über andere Kanäle ihre Kunden finden wird. Mit einer Schliessung wäre aber ein weitgehender Wegfall der Funktion als öffentlich zugänglicher Treffpunkt sowie der Laufkundschaft - der nicht ideologiefesten Kunden - und damit wirtschaftliche Schwierigkeiten vorprogrammiert. Versände, z. B. über das Internet, können dies nicht leisten und sind zudem meist nur für den harten Kern bzw. Insider interessant. Die erzwungene Schliessung eines Naziladens ist zugleich ein Schlag gegen das öffentlich zur Schau gestellte Selbstbewusstsein der Nazis.

Everybody rock your body, everybody, rock your body right, Backstreet's back alright! Alright! (Backstreet Boys)

Nazistrukturen und rechten Lifestyle angreifen!

Quit playing games!

Kampagne Schöner leben ohne Naziläden

...eine Initiative sächsischer Antifagruppen...

Demonstration in Chemnitz 25. September 2004 Treff 12.00 Uhr - Ecke Stollberger Strasse/W.-Sagorski-Strasse

stoppnazilaeden.de.vu


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