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Berufung gegen absurdes Urteil: Journalistin kämpft weiter gegen Auftraggeber der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Richter weist Honorarklage einer freien Journalistin mit der Begründung zurück, es habe keinen schriftlichen Vertrag gegeben. Hätte ein solches Urteil bestand, wäre der Rechtsanspruch aller freien JournalistInnen erheblich eingeschränkt, da mündliche Verträge bisher die gängige Praxis darstellen. Die Journalistin wehrt sich nun gemeinsam mit der Mediensektion der FAU Berlin und geht in Berufung.

Eine Berliner Journalistin und Historikerin wurde vom Direktor des Regionalbüros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in São Paulo mit einem Rechercheprojekt beauftragt. Sie machte sich an die Arbeit und gab das fertige Projekt ab, das angenommen und sogar redigiert wurde - aber sobald es ums Honorar ging, wollte es keiner gewesen sein. Der Direktor in São Paulo gibt an, er bekäme kein Geld aus Berlin, die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin sagt, der Direktor habe keine Vollmacht, einen solchen Auftrag zu erteilen.

Als die Journalistin, mittlerweile Mitglied der Basisgewerkschaft FAU Berlin, das ihr zustehende Honorar einklagen will, weist der Richter in erster Instanz ihre Klage ab. Hauptargument der Urteilsbegründung: Es habe keine schriftlichen Vertrag gegeben. Für Freelancer kommen aber schriftliche Verträge im Voraus nur selten vor. Die Regel sind mündliche Verträge bzw. schriftliche Verträge erst Wochen nach Fertigstellung des Auftrags. Dass der Direktor den gelieferten Text redigiert und somit eindeutig abgenommen hat, ignorierte der Richter. Die Journalistin will nicht auf unbezahlter Arbeit für über 3.000 € sitzen bleiben und ist nun in Berufung gegangen.

Insbesondere freie JournalistInnen arbeiten unter immer prekäreren Bedingungen. Seit Jahren steigt die Zahl freier JournalistInnen, wodurch immer mehr von ihnen sich im direkten Wettbewerb um Aufträge befinden und jedes Mal aufs Neue mit den AuftraggeberInnen verhandeln müssen. Auf eigenes Risiko: Nicht selten werden Honorare zu spät oder gar nicht gezahlt. Dass dies nun bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung passiert, die der Partei die LINKE nahesteht, ist besonders peinlich. Das Muster ist der FAU Berlin aus der gewerkschaftlichen Praxis aber allzu bekannt: UnternehmerInnen scheuen die Verantwortung für unbezahlte Löhne und beschuldigen sich gegenseitig.

Mit der Berufung steht nun noch mehr auf dem Spiel als das ausstehende Honorar. "Durch das Urteil des Amtsgerichts Kreuzberg-Tempelhof werden die Rechte der Arbeitnehmer weiter aufgeweicht", kommentiert die Journalistin. "Wenn in Zukunft Honorare nur noch bei Vorliegen eines schriftlichen Vertrages gezahlt werden, können freiberufliche Journalisten im Grunde nicht mehr im Aktuellen arbeiten, ohne Gefahr zu laufen, um ihr Honorar geprellt zu werden."

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