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UPDATED: Prozess wegen Totaler Kriegsdienstverweigerung
aktueller Stand...

##### aktueller Stand: #####

Gegen das Urteil des LG Görlitz haben wir zunächst Revision eingelegt. Ob die Revision wirklich durchgeführt werden wird, hängt zunächst auch einmal von den schriftlichen Urteilsgründen des LG Görlitz ab.


Am spannendsten ist dabei eigentlich die Frage, ob das Urteil mit der Stossrichtung angegriffen werden kann, dass die Berufung der Staatsanwaltschaft eigentlich als unzulässig hätte verworfen werden müssen. Hier ist aber ggf. abzuwägen, ob eine hierzu negative Entscheidung des OLG Dresden nicht die unangenehmere Variante darstellt.
In jedem Fall planen wir derzeit folgende weitere Tätigkeiten:

* Aufarbeitung des Verfahrens vom letzten Dezember durch eine Veröffentlichung in einer juristischen Fachzeitschrift (hierzu gibt es bereits konkrete Planungen)

* Eine Veröffentlichung in einer juristischen Fachzeitschrift zur Frage der möglichen Unzulässigkeit einer staatsanwaltschaftlichen Berufung (hier sind wir noch auf Autorensuche)

* Nunmehr Weiterverfolgung des Dienstaufsichtsbeschwerde-Verfahrens gegen Richter Ronsdorf sowie Strafanzeige wegen Rechtsbeugung
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##### Das Urteil: #####

Das Landgericht Görlitz hat den Totalen Kriegsdienstverweigerer Andreas Reuter (Zittau) zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen (à 20,-- EUR) verurteilt. Damit hat es die zunächst gegen den Totalverweigerer eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft inhaltlich verworfen und das Urteil des AG Zittau (2 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung) leicht zugunsten des Angeklagten abgeändert. Allerdings hat es die Berufung der Staatsanwaltschaft nicht als unzulässig verworfen - was das eigentliche Ziel der Verteidigung war.

Wie abzusehen war, fand die Verhandlung in einer deutlich ruhigeren Atmosphere statt als noch am Amtsgericht Zittau. Unter dem Andrang von über 80 ZuschauerInnen - und ohne einen martialischen Polizeiauftritt wie in Zittau - konnte Andreas diesmal seine Einlassung verlesen, in der er darlegte, inwiefern der Zivildienst als Wehrpflichterfüllung in die Planungen zur sogenannten "Gesamtverteidigung" eingebunden ist.

Staatsanwalt Ebert erklärte, dass er nicht verstehen könne, was denn am "konkreten Zivildienst", den Andreas hätte ableisten sollen, auszusetzen sei; schliesslich sei "nicht erkennbar", dass Andreas "2005 Streitkräfte unterstützt hätte". Hatte die Staatsanwaltschaft bisher zur Aufrechterhaltung ihrer Sperrberufung - mit der sie die Revision des Angeklagten gegen die schier unglaublichen Vorgänge am AG Zittau verhinderte - offiziell eine höhere Strafe anvisiert, beantragte Ebert jetzt eine Abänderung des Urteils von bisher zwei Monaten Bewährungsstrafe auf nunmehr 60 Tagessätze. Damit folgte die Staatsanwaltschaft einem der Revisionsvorbringen der Verteidigung, dass nämlich eine kurze Freiheitsstrafe in Fällen wie dem vorliegenden unzulässig sei.

Die Verteidigung führte anschliessend aus, dass das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft als unzulässig zu verwerfen sei. Im vorliegenden Fall handele sich es nicht nur um eine sogenannte "Sperrberufung", bei der die Verteidigung lediglich wisse oder ahne, dass es der Staatsanwaltschaft nur um die Verhinderung der Revision gehe, sondern die Staatsanwaltschaft hat hierzu selbst entsprechende Beweise vorgelegt (etwa die ausdrückliche Weigerung der Berufungsrücknahme durch den Leitenden Oberstaatsanwalt Uebele, obwohl dieser einräumte, weder das Berufungsvorbringen seiner Staatsanwaltschaft noch das Revisionsvorbringen der Verteidigung auch nur zu kennen). Nach dem Antrag der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung verfolge diese nicht einmal mehr offiziell das Ziel einer höheren Bestrafung; damit könnte sie sich insofern der Revision des Angeklagten anschliessen - sie tue das aber immer noch nicht, um das weitergehende Revisionsvorbringen des Angeklagten (die zahlreichen Verfahrensrügen aufgrund des Verhaltens des Richter Ronsdorf in Zittau) keiner gerichtlichen Überprüfung zuzuführen.

Daneben setzte die Verteidigung auseinander, dass unabhängig von dieser verfahrensrechtlichen Frage sich eine Verurteilung vor dem Hintergrund der im Grundgesetz postulierten Gewissensfreiheit verbiete. Auch gehe die Frage des Staatsanwalts nach der "konkreten Tätigkeit" im Zivildienst fehl, da es auch nicht etwa das "konkrete Robben im Schlamm" sei, gegen das Gewissensgründe vorgebracht werden müssten, um als sogenannter Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden.

Das Gericht folgte schliesslich dem Antrag des Staatsanwalts und änderte das Urteil des Amtsgerichts in 60 Tagessätze ab. Richter Böcker sah sich ausserstande, die Berufung der Staatsanwaltschaft als unzulässig zu verwerfen; die "Richtlinien für das Straf- und Bussgeldverfahren" seien für Staatsanwälte nicht bindend, daher könne das Gericht hier auch nicht die "Korrektheit" der Berufungseinlegung überprüfen; dies ist etwa so wahr wie falsch - grundsätzlich sind die RiStBV durchaus bindend, im (begründeten) Einzelfall kann von diesen aber abgewichen werden. Vorliegend handelte es sich jedoch, und gerade daraufhin hatte die Verteidigung zuvor hingewiesen, um eine rechtsmissbräuchliche Berufung, denn das Ziel war ausschliesslich die Verhinderung der Revisionsdurchführung. Die Verteidigung hatte zu diesen Grundsätzen auch entsprechend Nachweise in der Rechtsprechung vorgelegt - nur einen Fall, in dem die Berufung der Staatsanwaltschaft als unzulässig verworfen wurde, gab es in dieser exakten Konstellation noch nicht.

Und so stand dann auch das wohl ehrlichste Statement in diesem Verfahren für den wirklichen Grund, hier nicht eingreifend tätig zu werden: "Ich möchte kein juristisches Neuland betreten.", so der Voristzende Richter am Landgericht, Böcker. Das ist doch mal ein Argument...
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##### Zur Erinnerung: #####

Andreas war zum 04.07.2005 zur Ableistung des Zivildiensts nach Weisswasser einberufen worden, ist dort aber nicht erschienen. Er versteht sich als Totaler Kriegsdienstverweigerer und lehnt die Erfüllung der Wehrpflicht auf Grund einer von ihm gefällten Gewissensentscheidung ab. Wegen dessen militärischer Verplanung im Rahmen des Konzeptes der sog."Gesamtverteidigung" verweigert er auch die Ableistung des Zivildienstes.

Das nachfolgende Verfahren am Amtsgericht Zittau war von ständigen Versuchen des Vorsitzenden RiAG Ronsdorf gekennzeichnet, dem Beschuldigten die Inanspruchnahme seiner gesetzlich garantierten Rechte streitig zu
machen. Mit teilweise offen willkürlichen Entscheidungen des Gerichts oder indem der Vorsitzende Anträge der Verteidigung schlicht ignorierte, wurde u.a. das Recht der Verteidigung massiv beschnitten und mehrfach
Akteneinsicht faktisch verwehrt. Dies war Gegenstand mehrerer Ablehnungen des zuständigen
Vorsitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit. Diese Haltung hatte der RiAG Ronsdorf auch anlässlich eines anberaumten Hauptverhandlungstermins dokumentiert, der noch kurz vor Beginn aufgehoben wurde: um die Sicherheit der Sitzung zu gewährleisten, sah er es - bei einem Angeklagten, der sich
für seine "Tat" ausdrücklich auf seine gewaltfreie Grundeinstellung beruft - als notwendig an, sechs uniformierte und bewaffnete Polizeibeamte hinzuzuziehen.

In der Hauptverhandlung am 14.12.07 schliesslich hatte der Richter den Verteidigern völlig überraschend die Zulassung entzogen und anschliessend ohne jede Unterbrechung die Hauptverhandlung gegen den damit unverteidigten Angeklagten durchgeführt. Verurteilt wurde Andreas zu zwei Monaten mit
Bewährung; die StA hatte eine dreimonatige Bewährungsstrafe beantragt. Auf die hiergegen erhobene Beschwerde wurde den Verteidigern die Zulassung durch das Landgericht Görlitz erneut erteilt.

Da das Urteil des Amtsgerichts auf solch schwerwiegenden Verfahrensmängeln (Verletzung rechtlichen Gehörs, Verletzung des Grundsatzes eines fairen Verfahrens, Beschneidung der Verteidigung, Mitwirkung eines
befangenen Richters) beruhte, hatte die Verteidigung Revision gegen die Entscheidung eingelegt. Gleichzeitig aber hat auch die StA, deren Antrag in der Hauptverhandlung nur um einen Monat vom Urteil abwich, die Entscheidung mit der Berufung angefochten. Aus den näheren Umständen ergibt sich jedoch,
dass die StA damit kein eigenständiges legitimes Ziel verfolgt, sondern lediglich eine revisionsrechtliche Überprüfung der Verfahrensweise des Amtsgerichts zu verhindern sucht, womit das Rechtsmittel der StA eine
unzulässige "Sperrberufung" darstellt. Die Verteidigung hat daher bereits im Vorfeld der
Berufungsverhandlung beantragt, die Berufung der StA als unzulässig zu verwerfen. Hierüber wird das Gericht in der Hauptverhandlung entscheiden. In der Hauptsache aber geht es - wie in jedem Strafprozess wegen Totaler Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen - um die Frage, ob in derartigen Fällen das Strafrecht überhaupt zur Anwendung kommen darf.

Verteidigt wird Andreas von drei Personen (Detlev Beutner, FfM/Sebastian Kraska und Jörg Eichler, beide DD), die selbst Totalverweigerer und keine Rechtsanwälte sind.

Ein rege Teilnahme interessierter Öffentlichkeit ist sehr erwünscht.


TKDV-Initiativen Dresden, Frankfurt

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