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Nazitränen satt
Die Bombardierung Dresdens 1945 - ein Schwerpunkt für organisierte Neo-Nazis

Gross-Aufmarsch am 14. Februar 2004 in Dresden geplant

Von Anfang an war die alliierte Kriegführung gegen Nazideutschland in den Jahren 1939-45 begleitet von deutscher Propaganda. Besonders erfolgreiche Luftangriffe schlugen den Nazis aufs Gemüt und so sprach beispielsweise Goebbels von "angloamerikanischen Luftgangstern" und Terrorangriffen, wenn er diese, damals elementaren, Strategien der Alliierten gegen den deutschen Vernichtungskrieg meinte. Getreu ihrer Ideologie richtete sich die nationalsozialistische Propaganda bezüglich der Bombardierungen nicht nur gegen die USA, England, Frankreich und die Sowjetunion sondern gab vor allem "den Juden" Schuld daran.

Auch nach dem, den Bombardierungen entscheidend zu verdankenden, Sieg alliierter Truppen hielten sich viele der Mythen und Lügen aus der Nazizeit wacker. Insbesondere Dresden, was vom Grad seiner damaligen Zerstörung keinesfalls eine Spitzenposition innehatte, gilt als Symbol im Diskurs um die Deutschen als Opfer.

Besonders gern wird das Thema natürlich von Alt- und Jung-Nazis aufgegriffen. Und die, welche sich wohl am meisten über die Zerschlagung Nazideutschlands geärgert haben, stossen auch heute noch die hässlichsten Tiraden und Anklagen über die alliierte Kriegsführung aus.

Ein wichtiger Termin der Neo-Naziszene ist deshalb seit Jahren der 13. Februar in Dresden. Zum nunmehr sechsten Mal soll am 14. Februar 2004 die Jährung der Bombardierung Dresdens Anlass für einen Naziaufmarsch sein, der sich in den letzten Jahren zu einem regelmässigen und bedeutsamen Event in der Naziszene entwickelt hat. In Dresden konnten die Neo-Nazi-Aktivitäten um den 13. Februar jahrelang relativ ungestört gedeihen und unterscheiden sich von bürgerlich-revanchistischen Gedenk- und Anklage-Zeremonien anlässlich des Jahrestags der Bombardierung 1945 oft nur im Tonfall.

Bemerkenswert an dem Aufmarsch ist die spektrumübergreifende Beteiligung rechter bis hin zu neonazistischer Gruppierungen. Zum Beispiel die Vertriebenenverbände oder die Republikaner, welche sonst öffentliche Auftritte gemeinsam mit militanten Neo-Nazis in der Regel meiden, legen auf Distanzierungen an die-sem Tag keinen Wert.

Auch in anderen Städten ist das Thema Bombardierung Anlass für Neo-Naziaktivitäten. Ob sie nun wie z.B. in Hamburg und München am 13. Februar der Bombardierung Dresdens gedenken oder sie selbst stolze Besitzer eigener Bombenopfer sind und wie in Magdeburg, Lübeck, Pforzheim und anderen Städten an den jeweiligen Jubiläen Demonstration und Mahnwachen durchführen.

Entwicklung der Neo-Nazi Aufmärsche und Aktivitäten um den 13. Februar

Seit Anfang der Neunziger nehmen Neo-Nazis an offiziellen Gedenkveranstaltungen zum 13. Februar in Dresden teil. So trifft man beispielsweise bei den jährlichen Kranzniederlegungen auf dem Heidefriedhof neben Vertretern der Stadt regelmässig 10-100 Neo-Nazis der Jungen Landsmannschaft Ostpreussen (JLO), der NPD und "freier Kameradschaften" an. Neben der Teilnahme am offiziellen Gedenken werden eigene Veranstaltungen organisiert wie z.B. am 9. Februar 2002 im "Club Müllerbrunnen".

Der erste Aufmarschversuch 1998, bei dem ca. 30 Neo-Nazis parolenbrüllend in Richtung Frauenkirche marschierten, wurde im Fürstenzug von der Polizei gestoppt. Im Jahr darauf meldete die, wegen Verbreitung antisemitischer Propaganda selbst aus der "Landsmannschaft Ostpreussen" ausgeschlossene, JLO einem Aufmarsch vom Hauptbahnhof zum Postplatz. 150 Neo-Nazis nahmen an ihm teil. Im Anschluss daran marschierten die Nazis noch mitten in den Bürgermob an der Frauenkirche, bildeten ein Spalier und legten dort ihre Kränze ab.

Im Jahr 2000 erliess die Stadt Dresden für den 13. Februar eine Allgemeinverfügung, welche wie in den Folgejahren alle Veranstaltungen im Umkreis der Frauenkirche untersagte.

So änderte sich auch die Route des, wiederum vom JLO Kassenwart Alexander Kleber angemeldeten, Neo-Nazi Aufmarsches am 13. Februar 2000 und die 512 Teilnehmer liefen einmal um die Demonstrationsverbotzone herum und endeten an der Trümmerfrau vor dem Rathaus. Dem Aufmarsch voran schritten Franz Schönhuber (DVU) und Horst Mahler (NPD) und trugen gemeinsam einen Kranz. Zu anderen Anlässen würden die beiden wohl eher nicht zusammen auftreten.

Der einzige nicht von der JLO angemeldete Aufmarsch war der im Jahr 2001. Die als seriöser geltende, im Bund der Vertriebenen organisierte, "Landsmannschaft Schlesien - Nieder- und Oberschlesien - Landesverband Sachsen/Schlesische Lausitz e.V." war Veranstalterin der Demonstration unter dem Motto "Ehre den Opfern des Bombenterrors". 841 Neo-Nazis führten auch diesmal allerlei Transparente (mit Shoa relativierenden Parolen wie "alliierter Bombenholocaust"), Fahnen, Fackel, Grabkerzen und anderen Unrat mit sich. Das Dresdner Lokalblatt DNN erwähnte den Aufmarsch mit den Worten " 750 Jugendliche führten einen Trauermarsch durch".

Im Jahr darauf folgten dem Aufruf zur deutschnationalen Trauerdemonstration bei altbewährter Route knapp 1000 Nazis. Diesmal wurden die Nazis begleitet von einigen antifaschistischen Aktivitäten verbaler und physischer Natur, und so mancher Nazi vergass, dass er sich auf einem Schweigemarsch befand. Die Demonstration fand ihr Ende, nach einigen Reden unter anderem von Alexander Kleber (JLO) und dem Versuch den Jammersong "Ich hat einen Kameraden" zu singen, wiederum am Dresdner Rathaus.

Nach einer nachmittäglichen Veranstaltung im des "Freien Bürgerforums Dresden", "Gartenlokal Sommerfrische", mit Heiner Kappel ("Deutsche Partei") nahmen am Nazitrauermarsch am 13. Februar 2003 über tausend Jammerlappen teil. Die Route wich wegen einer Demonstrationsanmeldung "linker Friedensfreunde" von der in den Vorjahren ab. Sie begann wieder am Zwingerteich ging dann aber über die Marienbrücke in Richtung Neustadt und endete, weitgehend ohne Störungen am Sachsenplatz. Auf der Abschlusskundgebung durfte noch Udo Viogt (NPD-Bundesvorsitzender) und Reinhard Rupsch (stellv. Landesvorsitzender der Republikaner NRW) ihren Trauer-Singsang zum Besten geben.

mal was anders - Naziaufmarsch am 14. Februar 2004

In diesem Jahr ist der Aufmarsch, der wiederum von der JLO angemeldet ist, für den 14. Februar geplant. Sie sind damit von ihrem traditionellen Termin am 13. Februar abgewichen und haben den 14. Februar, einen Samstag, gewählt um noch mehr überregionale Beteiligung an dem inzwischen etablierten Grossaufmarsch zu erreichen. Die Nazidemonstration am 13. bzw. 14. Februar in Dresden zählt neben dem "Rudolph Hess Marsch" in Wunsiedel und dem "Heldengedenken" in Halbe zu dem grössten bundesdeutschen, jährlich stattfindenden, Aufmärschen mit anhaltend hohen Teilnehmerzahlen.

Ebenfalls von Vorteil für die Nazis ist, dass am Samstag ihre Routenplanung nicht mit der am 13. Februar geltenden Allgemeinverfügung kollidiert. Eine Route in Richtung Innenstadt und Frauenkirche ist also wahrscheinlich. Sie treffen sich erneut am Zwingerteich - diesmal schon 12 Uhr.

Neben verschiedenen Flugblättern und Plakaten, mit wahlweise sehr ekligen Leichen oder Kindern mit Silberblick wirbt die JLO für die Demonstration auch in dem NPD Blatt "Deutsche Stimme" mit einem Artikel vom Demo-Anmelder Alexander Kleber. Angekündigte Redner wie der Hamburger Nazianwalt Jürgen Rieger und Nazi(pop)barde Frank Rennike deuten auf den angestrebten Grossevents-Charakter hin. Im Anschluss soll noch eine Saalveranstaltung stattfinden. Den Vortag, Freitag den 13. Februar werden die Alt- und Jung-Nazis wohl auch nicht vor dem Fernseher verbringen. Sie rufen auf, 11 Uhr auf dem Heidefriedhof an der städtischen Kranzniederlegung teilzunehmen und anschliessend soll es einen Stadtrundgang mit Wolfgang Schwarz (stellvertretender Vorsitzender des "Nationalen Bündnis Dresden") geben, und am abendlichen Spektakel an der Frauenkirche werden sie auch nicht fehlen.

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