Auch in Bad Schandau Solidarität mit Geflüchteten
Im Anschluss an einer vom ehemaligen Mitglied der Skinheads Sächsischen Schweiz (SSS), Thomas Sattelberg, angemeldeten Kundgebung auf dem Marktplatz von Bad Schandau, kam es am Donnerstag zu einem Vorfall mit dem Stadtratsabgeordneten Steffen Kunze, bei dem ein Polizist leicht verletzt wurde. Der auf einer Liste der CDU in den Stadtrat eingezogene parteilose Kommunalpolitiker hatte sich mit seinem Fahrzeug direkt vor die Gegenkundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gestellt, um diese zu behindern. Als er schliesslich den Motor startete und sich das Fahrzeug in Richtung der Kundgebung in Bewegung setzte, wurde ein vor dem PKW stehender Beamter angefahren und verletzt. Daraufhin wurde er von der Polizei wegen gefährlichen Eingriffs in den Strassenverkehr und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte festgenommen. Bereits zuvor hatte der 49-jährige Politiker nach Berichten von Augenzeugen gemeinsam mit mehreren Bewohnern der Stadt das Abschalten der Beleuchtung des historischen Personenaufzugs verhindert. Damit sollte eigentlich ein Zeichen des stillen Protestes gegen die NPD-Veranstaltung gesetzt werden.
Etwa 150 zumeist junge Menschen waren trotz starker Regenfälle dem Aufruf der NPD gefolgt und nach mehreren Redebeiträgen eine kleine Runde durch die Strassen der Kleinstadt gezogen. Hintergrund der Proteste sind insgesamt 12(!) in der Stadt bislang untergebrachte Asylsuchende. Parallel zu der Veranstaltung hatten sich etwa 120 Menschen in der St.-Johanniskirche von Bad Schandau zu einem gemeinsamen Friedensgebet eingefunden. Vor der Kirche versammelten sich anschliessend ebensoviele Menschen, um sich für eine solidarische und menschliche Flüchtlingspolitik im Landkreis einzusetzen. Sowohl André Hahn (Die Linke), als auch der SPD-Ortsvorsitzende Peter Goebel betonten die Notwendigkeit und Bedeutung von zugewanderten Menschen für Deutschland und bezeichneten die Aufnahme von Geflüchteten als Chance, mehr Mitmenschlichkeit zu zeigen. Ein Vertreter von der FAU Dresden erinnerte in seinem Redebeitrag sowohl an die in der Region seit den 1990er Jahren vorhandenen rechten Strukturen und appellierte an die Bevölkerung, sich gemeinsam gegen die Einflussnahme der NPD in Jugendclubs, Freiwilligen Feuerwehren und lokalen Fussballvereinen aber auch gegen rassistisches Gedankengut zur Wehr zu setzen. Schulen, Kirchen und Jugendvereine rief er dazu auf, "die realen sozialen und wirtschaftlichen Ängste der Jugendlichen oder die soziale Ungerechtigkeit unseres Wirtschaftssystems" zu thematisieren und dies nicht der NPD und rechten Kameradschaften zu überlassen.
Der über die Landesgrenzen hinaus bekannte Ort im Zentrum der Wander- und Tourismusregion Sächsische Schweiz steht nicht zum ersten Mal im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Schon vor gut zwei Jahren war es in einem Ortsteil zu einem offenbar rassistisch motivierten Übergriff auf einen Schüler aus Hamburg gekommen. Dabei hatten mehrere Personen aus der Region den Jugendlichen so schwer verletzt, dass er anschliessend in einem Krankenhaus behandelt werden musste. Die drei Täter waren Monate später am Pirnaer Amtsgericht wegen ihrer Beteiligung an der Tat lediglich zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Ein rechtes Motiv für die Tat hatte das Gericht in seinem Urteil jedoch ausgeschlossen und das obwohl die Männer aus ihrer Einstellung im Internet keinen Hehl gemacht hatten. Erst kürzlich war unweit von Bad Schandau eine Gedenktafel in Erinnerung an mehrere von der Waffen-SS auf einem Todesmarsch ermordete Häftlinge aus ihrer Halterung gestohlen worden.