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alternativer veranstaltungskalender / blatt für unterbliebene nachrichten | |||||
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Abgesagt
Ruth Klüger, Shoa-Überlebende, wird nicht über Victor Klemperer, der durch den Bombenangriff am 13.2.45 überlebte, referieren, während tausende Judenhasser durch die Stadt ziehen.
Die Veranstaltung war im Rahmen der "Dresdner Reden" am 13. Februar um 11 Uhr Schauspielhaus geplant. Brief an den Intendant des Staatsschauspiels, den Ruth Klüger MDR FIGARO zur Verfügung gestellt hatSehr geehrter Herr Freytag, mit grosser Bestürzung verfolge ich seit meiner Ankunft in Deutschland die Nachrichten über die radikalen Rechten in Sachsen. Besonders erschreckt mich die für den 13. Februar geplante Massendemonstration in Dresden, denn das ist ja der Tag, der für meinen Dresdner Vortrag angesetzt ist. Unter den Umständen muss ich leider, wenn auch mit Bedauern, absagen. Ich habe erst jetzt erfahren, dass die Rechtsextemisten in jedem Jahr am 13. Februar in Dresden einen Aufmarsch halten. Diese Information hätten Sie mir nicht vorenthalten dürfen, aber Sie dachten wahrscheinlich gar nicht daran, wie sich solche Kundgebungen auf eine Überlebende der Shoa auswirken. Inzwischen hat sich die Situation ja zugespitzt, und die angekündigte hohe Teilnahme von Radikalen an der Demonstration des runden Jahrestags erregt Besorgnis. Ich mache Ihnen deshalb auch keine Vorwürfe, hoffe aber Ihrerseits auf Verständnis für meine Betroffenheit. Wenn eine ehemals verfolgte Jüdin - und als solche bin ich in Deutschland vor allem bekannt - im Staatsschauspiel einen Vortrag über einen verfolgten Juden, nämlich Victor Klemperer, hält, während auf der Strasse tausende (sic!) judenfeindliche Parteianhänger demonstrieren, so wird daraus unweigerlich ein politisches Spektakel. Damit habe ich aber nicht rechnen können, und daran möchte ich nicht teilnehmen. Bedenken Sie bitte, dass ich Ausländerin und nur zu Besuch hier bin. Für eine Besucherin ist die mir zugedachte Rolle, wie ich sie einschätze, inkommensurabel. Für mich persönlich ist diese Rolle, knapp ausgedrückt, nicht zumutbar. Ich muss Sie daher bitten, meine Absage als endgültig zu betrachten. Mit freundlichen Grüssen, Ihre Ruth Klüger |
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