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Kein Schutz vor rechter Gewalt
Dresdner Polizei weigerte sich, antifaschistische Veranstaltung vor rechtsradikalen Übergriffen abzusichern

Eine für den gestrigen Mittwoch an der Technischen Universität (TU) Dresden geplante Veranstaltung mit jW-Autor Markus Bernhardt wurde aufgrund massiver Sicherheitsbedenken vom Referenten abgesagt. Ursprünglich sollte Bernhardt auf Einladung der Gruppe »Schwule und Lesben an der Uni« (SchLaU) einen Vortrag zum Thema »Schwule Nazis und der Rechtsruck der Homobewegung« an der TU halten. Die Absage der Veranstaltung war notwendig geworden, da die Sicherheit aufgrund neofaschistischer Drohungen nicht gewährleistet hätte werden können. Neonazis hatten im Internet auf den Vortrag hingewiesen und »indirekt« zur Teilnahme an der Veranstaltung aufgerufen. Darüber hinaus bestanden zwischen den Veranstaltern und dem Referenten Meinungsverschiedenheiten, wie mit anwesenden Neofaschisten umgegangen werden solle. Im Gegensatz zu den Organisatoren hatte sich Bernhardt dafür stark gemacht, Neonazis von vornherein von der Veranstaltung auszuschliessen - egal ob sie gewalttätig seien oder sich an der Diskussion beteiligen würden.

Obwohl in der jüngsten Vergangenheit mehrere antifaschistische Veranstaltungen an der TU von Neofaschisten aus dem Spektrum der militanten »Kameradschaftsszene« heimgesucht und gestört worden waren, weigerte sich die Dresdner Polizei, den Schutz der Veranstaltung zu gewährleisten. So hatte Thomas Herbst, Pressesprecher der Polizeidirektion Dresden, bereits am Montag gegenüber Bernhardt erklärt, dass die Organisatoren bei Problemen mit Neonazis ja »110 wählen« könnten. Trotz der Drohungen der Neonazis und der vergangenen Übergriffe war die Behörde nicht bereit, für einen friedlichen Verlauf der Veranstaltung Sorge zu tragen. Vielmehr entgegneten die Beamten im Gespräch mit Bernhardt, dass »dann ja jeder kommen« und um Schutz bitten könnte.

»Wenn man sich ins Gedächtnis ruft, mit welch martialischen Aufgeboten die Polizei Veranstaltungen von Neonazis vor antifaschistischen Protesten abschirmt, kann man nur zu dem Schluss kommen, dass die Beamten in diesem Fall klar im Sinne der Neonazis gehandelt und den geplanten Vortrag somit de facto verhindert haben«, konstatierte Bernhardt und kündigte an, umgehend eine Dienstaufsichtsbeschwerde einzureichen.

Verärgerung löste das Verhalten der Polizei unterdessen auch bei der Sprecherin für antifaschistische Politik der sächsischen Linksfraktion, Kerstin Köditz, aus. »Die Aufgabe der Polizei ist es, Veranstaltungen zu schützen und Neonazis durch ihr Verhalten nicht noch dazu zu ermutigen, diese zu sprengen«, erklärte sie gegenüber junge Welt. Sie werde zukünftig sehr genau darauf achten, ob sich derartiges Verhalten der Polizei in Sachsen häufe.


jW-Bericht (Junge Welt)

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