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Gewaltige Schritte zurück in der Unterbringungspraxis
Gemeinsame Pressemitteilung der AG Asylsuchende Sächsische Schweiz - Osterzgebirge e.V. und des Sächsischen Flüchtlingsrats e.V.

Wohnungsreduzierung und Umverlegung von Menschen konterkariert Integration

Aus immer mehr Kommunen häufen sich Stimmen, die berichten, dass geflüchtete Menschen aus ihren Wohnungen umverlegt werden. Ihr erst neugewonnenes Umfeld haben sie damit verloren. Drastisch wird es, wenn sie sich erneut in einer Gemeinschaftsunterkunft wiederfinden. Eine dubiose Rolle spielt Dresden - einerseits fordert die Stadt die Wohnsitzauflage, andererseits reduziert auch sie dezentrale Unterbringungskapazitäten.

In mehreren Landkreisen sowie in der kreisfreien Stadt Dresden werden geflüchtete Menschen aus ihren Wohnungen verdrängt. Letzte Woche traf es Menschen im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Innerhalb von wenigen Tagen müssen sie die Orte verlassen, in denen sie Fuss gefasst, Freundschaften geschlossen und Schulen besucht haben. "So ziemlich alles, was Integration genannt wird, wird damit zunichte gemacht. Wir sprechen hier von Menschen. Sie einfach aus Kostengründen über ihren Kopf hinweg umzusiedeln, muss Frustration aufkommen lassen." sagt Petra Schickert für die AG Asylsuchende Sächsische Schweiz - Osterzgebirge e.V. Der Kreistag hatte beschlossen, Mietverträge mit privaten Vermieter*innen und Unternehmen nicht mehr weiterzuführen - die landkreiseigene Immobilienfirma sei billiger.

Auch in Görlitz werden Menschen, die dezentral in Wohnungen untergebracht waren, wieder in die Gemeinschaftsunterkünfte zum Beispiel nach Löbau oder Friedersdorf verlegt. Auch hier werden Kostengründe vorgeschoben.

Abmietung von Wohnungen betrifft ländlichen Raum und Städte gleichermassen

Auch in Dresden wird fleissig abgemietet - was Fragen aufwirft. Denn angeblich zählt Dresden zu den sächsischen Städten, deren Wohnungsmarkt sich durch den Zuzug Geflüchteter anspannt. Hielt die Stadt Ende Januar noch Kapazitäten für 4.609 Menschen in Wohnungen vor, sank die Zahl bis Ende Juni auf 3.365. Gleichzeitig stieg die Belegungsquote von 61% auf 88%. "In Einzelfällen", so die Stadt, komme es vor, dass Menschen mehrmals umziehen müssen. Besonders harsch ist es, dass "in Einzelfällen" Menschen aus den Wohnungen, die ihr neues zu Hause sein sollten, wieder zurück in eine Gemeinschaftsunterkunft verlegt werden. Die dezentrale Unterbringung - verstanden als das selbstbestimmte Wohnen in einer zumeist selbstgewählten Wohnung - aller geflüchteten Menschen ist die zu bevorzugende Unterbringung. Privatsphäre und Ruhe sind Bedürfnisse aller Menschen. Wird der hohe Anteil von etwa 60% traumatisierter Menschen unter den Geflüchteten betrachtet, ist es essentiell, diesen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. "Das ist es, was wir meinen, wenn wir von menschenwürdiger Unterbringung sprechen." meint Mark Gärtner für den Sächsischen Flüchtlingsrat e.V. "Vor allem die Stadt Dresden muss erklären, warum sie auf der einen Seite nach der sachseninternen Wohnsitzauflage verlangt und auf der anderen Seite die Unterbringungskapazitäten reduziert." Dresden hat teils unbefristete Verträge mit den Betreiber*innen von Gemeinschaftsunterkünften abgeschlossen, frühestens im Januar 2018 aber werden die ersten auslaufen.

Selbst Anerkannte müssen in Gemeinschaftsunterkünften ausharren

Verschärft wird die Problematik, wenn 920 Menschen mit Flüchtlingsanerkennung beziehungsweise Asylberechtigung noch in Dresdner Gemeinschaftsunterkünften leben. Da sie das Asylverfahren durchlaufen haben, könnten sie schon längst in ihrer eigenen Wohnung leben. Im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge betrifft dies 72 Menschen, im Landkreis Görlitz sind es 37.

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