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Sachsens CDU geht auf PEGIDA zu - Zur Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl und rechtspopulistischer Politik auf dem Rücken von Geflüchteten

Die CDU Sachsen arbeitet weiter an der Schärfung ihres konservativen Profils und der Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl. Nachdem es in Sachsen in den letzten Jahren zu einem konsequenten Anstieg an asyl- und ausländerfeindlichen Protesten und Angriffen kam, reagiert die Sächsische Landesregierung mit der Law and Order-Politik der letzten 25 Jahren: Asylverfahren sollen verkürzt, Abschiebungen konsequent durchgeführt und am besten verhindert werden, dass überhaupt zu viele Menschen aus den falschen Staaten in Deutschland Schutz suchen. Nachdem bereits im Winter 2012/13 ein Winterabschiebestopp im Landtag abgelehnt wurde und Sachsen sich rühmt, "Abschiebemeister" aller Bundesländer zu sein, wird die Landesregierung nun kreativer im Umgang mit der "Asylproblematik": Eine Sondereinheit soll sich mit mehrfach straffälligen Asylsuchenden beschäftigen, ein Winterabschiebestopp völlig zu Unrecht als rechtswidrig ausgeschlossen und nach Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegovina nun auch Tunesien in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten aufgenommen werden. Der angekündigte Dialog mit der rassistischen PEGIDA-Bewegung scheint also bereits im fortgeschrittenen Prozess zu sein.

Wir dokumentieren im Folgenden die Pressemitteilung des Sächsischen Flüchtlingsrates zu den jüngsten Äusserungen der Sächsischen Landesregierung:

"Der Sächsische Flüchtlingsrat e.V. kritisiert die jüngsten Äusserungen von Sachsens Innenminister Markus Ulbig, Tunesien als sicheres Herkunftsland einzustufen und die Ablehnung eines Winterabschiebestopps. "Änderungen am Asylrecht sind in der derzeitigen aufgeheizten Stimmung das falsche Signal", so Sprecher Marko Schmidt. "Ulbigs Äusserungen zu Tunesien wirken wie ein Versuch, den PEGIDA-DemonstrantInnen entgegenzukommen. Und das auf dem Rücken von Menschen, die hier Schutz suchen."

"Ulbigs Aussagen erinnern fatal an die Reaktion der Politik auf die Brandanschläge auf Asylunterkünfte Anfang der neunziger Jahre", so Schmidt weiter. "Damals wurde nicht konsequent

gegen Rassismus und Rechtsradikalismus vorgegangen, sondern stattdessen das Asylrecht drastisch verschärft. Zwanzig Jahre später wird nun erneut gegen Asylsuchende Stimmung gemacht. Dadurch ist klar: Asylrechtsverschärfungen sind keine Lösung gegen rassistische Ressentiments!" Dabei knüpft Ulbig an die jahrelange Haltung der Sächsischen CDU an, Flüchtlinge zu isolieren und sich für die Abschiebungszahlen zu rühmen.

Auch Äusserungen von Sachsens CDU-Generalssekretär Michael Kretschmer zum Winterabschiebestopp sieht der Sächsische Flüchtlingsrat e.V. kritisch: "Der Winterabschiebestopp

in Thüringen und Schleswig-Holstein ist ein Zeichen der Humanität und kein Rechtsbruch. Das Aufenthalts- und Asylverfahrensrecht sehen diese Möglichkeit eines Abschiebestopps jederzeit vor. Dies als Rechtsbruch zu bezeichnen, verkennt die Tatsachen und ist populistisch."

Weiterhin ist die Einberufung der Expertenkommission eine irreführende Reaktion der sächsischen CDU-Spitze. "Wenn erst nach den PEGIDA-Demonstrationen in der sächsischen CDU eine

Expertenkommission geschaffen wird, dann stellt dies ein Armutszeugnis der Regierungspartei dar", kommentiert Schmidt. Dabei wurde in den letzten Jahren viel über die Zuwanderungs-, Asyl- und Flüchtlingsgesetzgebung diskutiert. Es befinden sich beispielsweise aktuell Gesetzesvorhaben zu einer neuen Bleiberechtsregelung im Bundestag im Abstimmungsvorgang. Zu der Debatte, die jetzt die sächsische CDU initiiert, kann nur gesagt werden, dass diese nicht mit dem Lauf der Zeit geht und Debatten auf Bundesebene entweder versäumt oder ignoriert hat.

Hintergrund: Einstufung Tunesiens als Sicheren Herkunftsstaat

Der Sächsische Flüchtlingsrat sieht es, wie auch Pro Asyl, generell kritisch, dass Länder per Definition als "sicher" eingestuft werden. Asyl wird Einzelpersonen mit individuellen

Fluchtgründen gewährt. Deshalb muss jeder Asylantrag einzeln und intensiv geprüft werden. Eine Einstufung als "sicherer Herkunftsstaat" führt dazu, dass auch Personen pauschal abgelehnt werden, denen humanitärer Schutz nach dem Asyl- oder Flüchtlingsrecht zustehen. Eine hohe Ablehnungsquote bedeutet nicht, dass in einigen Fällen nicht doch Asyl gewährt wird. Das traf in

den letzten Jahren auf Flüchtlinge aus den nun als "sicher" eingestuften Balkanstaaten zu. Einigen Personen wurden die Anerkennung als Flüchtling zugesprochen. Das Verwaltungsgericht Münster hat selbst Zweifel an der Verfassungsmässigkeit der Einstufung Serbiens, Mazedoniens und Bosnien-Herzigowinas als sichere Herkunftsstaaten. Vergleichbares gilt auch für Tunesien." (Link zur PM: PM Saechsischer Fluechtlingsrat)

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