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Staatskanzlei lässt Regenbogenfahne entfernen

Wenn am kommenden Wochenende wieder der "Christopher Street Day" (CSD) in Dresden gefeiert wird, um sich damit für mehr Gleichberechtigung, Respekt, Liebe und Akzeptanz einzusetzen, passiert das in einem der wenig verbliebenen Bundesländer, in denen eine rechtliche Gleichstellung noch immer auf sich warten lässt. Doch längst sind es nicht nur rechtliche Fragen, bei denen sich politisch engagierte Personen mit Problemen konfrontiert sehen. Erst im März hatte es in Dresden Streit über den Startpunkt des alljährlichen Festumzugs zum CSD gegeben. Nach Gesprächen konnte eine im Raum stehende Absage der Veranstaltung schliesslich doch noch abgewendet werden. Höhepunkt der in der vergangenen Woche gestarteten Veranstaltungen zum diesjährigen CSD ist ein am Samstag um 12 Uhr auf dem Altmarkt beginnender Festumzug unter dem Motto: "100% Mensch. Ohne Wenn und Aber!".

Etwas weniger harmonisch ging es gestern vor dem Sächsischen Sozialministerium zu. Zwei Stunden nachdem drei Regenbogenfahnen im Beisein von Sachsens Staatsministerin für Gleichstellung und Integration, Petra Köpping (SPD), vor dem Ministerium aufgezogen worden waren, mussten sie auf Geheis von Staatsminister Fritz Jaeckel (CDU) wieder abgenommen werden. Er begründete das Entfernen mit einem Verstoss gegen die "Sächsische Verordnung zur Beflaggung von Regierungsgebäuden" (VwV), wonach nur Dienst- und Staatsflaggen vor Dienstgebäuden des Freistaates hängen dürfen. Um gegen das Beflaggungsverbot zu protestieren, hatten bereits am Wochenende etwa 100 Menschen das Dresdner Rathaus mit Regenbogenfahnen umschlossen. Dass es die Sächsische Staatsregierung mit den eigenen Verwaltungsvorschriften nicht all zu genau nimmt, zeigten die an gleicher Stelle aufgehangenen Fahnen, die Werbung für die Dresdner Musikfestspiele gemacht hatten. Wenig Fingerspitzengefühl bewies anschliessend Staatskanzleisprecher Ralph Schreiber, wonach die Regenbogenfahnen lediglich "wegen des offiziellen Pressetermins aufgefallen" seien.

Die Verantwortlichen des CSD reagierten enttäuscht und sprachen von Sachsen als einem "gleichstellungspolitischen Entwicklungsland". Der Vorfall habe nach Ansicht von Ronald Zenker vom Dresdner CSD deutlich gemacht, "was der konservative Teil der Staatsregierung von Rechten lesbischer, schwuler, bisexueller, transgender, transsexueller, intersexueller und queerer Menschen hält: Nämlich nichts." Den Sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) rief er dazu auf, "seine Haltung noch mal zu überdenken und eine Beflaggung in diesem und in den nächsten Jahren zu ermöglichen". Kritik an der Entscheidung kam auch von Eric Hattke, dem Sprecher des Netzwerkes "Dresden für Alle" und Schirmherr des diesjährigen CSD: "Es ist traurig, dass in Sachsen scheinbar nicht einmal mehr öffentlich an staatlichen Gebäuden für die Gleichstellung eingetreten werden kann. Es wäre ein wichtiges Signal für die oft vom Land beschworene Toleranz und Achtung, wenn die Beflaggungsordnung für den Christopher Street Day überdacht wird." Dass es auch anders gehen kann, zeigen derzeit die Verantwortlichen von Semperoper, TU Dresden und den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB), welche an mehreren Stellen Werbung für die diesjährigen Veranstaltungen gemacht haben.

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