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Geldstrafe für unterlassene Hilfeleistung

Sieben Monate nach dem Tod eines libyschen Flüchtlings in einer Plauener Unterkunft für Asylsuchende, hat das Amtsgericht der vogtländischen Stadt nach Angaben der Chemnitzer Freien Presse einen Strafbefehl in Höhe von 2400 Euro gegen den Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes ausgestellt. Er soll sich auch auf die mehrfache Bitte anderer Bewohnerinnen und Bewohner geweigert haben, den Rettungsdienst zu Hilfe zu holen. Der 43jährige Flüchtling starb schliesslich am 14. Februar in den Armen seiner schwangeren Ehefrau.

Das Gericht verurteilte den diensthabenden Wachmann lediglich wegen unterlassener Hilfeleistung zu 60 Tagessätzen a 40 Euro. Der Vorwurf der fahrlässigen Tötung war schon wenige Tage nach dem Tod des Mannes fallengelassen worden. Stimmt der Mann dem Vorschlag der Staatsanwaltschaft zu, wird es keine öffentliche Hauptverhandlung geben. Dies, so Gerichtssprecher Michael Rüsing, sei "das übliche Vorgehen zum Zwecke der Verfahrensvereinfachung". Zwar wird der Mitarbeiter des für die Sicherheit des Heimes verantwortlichen Unternehmens einen Vermerk in das Bundeszentralregister bekommen, mit einem Eintrag ins Führungszeugnis muss er jedoch nicht rechnen.

Bei einer Obduktion kurz nach dem Tod wurde festgestellt, dass der Mann bereits über einen längeren Zeitraum an einem seltenen Bakterium erkrankt gewesen war. Zuvor war die Erkrankung trotz zweier Krankenhausbesuche nicht erkannt worden. Er starb schliesslich an den Folgen einer Lungenembolie. Im Anschluss daran kritisierten Flüchtlinge vor Ort die Zustände in dem überfüllten Gebäude in der Plauener Kasernenstrasse, in dem zum damaligen Zeitpunkt fast 300 Menschen untergebracht waren, während zugleich im kommunalen Wohnungsbestand der Stadt seit mehreren Jahren ein massiver Leerstand herrscht.

Kurz nach dem tragischen Zwischenfall hatten sich am Ort des Geschehens etwa 20 Menschen versammelt. Auf einer anschliessenden Kundgebung im Stadtzentrum kamen kurz darauf erneut 30 Menschen zusammen, um mit Trans-parenten, Flyern und Redebeiträgen an den Tod des Familienvaters zu erinnern und auf die "strukturelle Diskriminierung" von geflüchteten und oft auf traumatisierten Menschen aufmerksam zu machen. Zwei Wochen später zogen schliesslich fast 150 Menschen durch Plauen. Während der Demonstration kritisierten die Bewohnerinnen und Bewohner der Unterkunft die katastrophalen Lebensbedingungen und die unzureichende medizinische Versorgung, die ihrer Ansicht nach zum Tod des 43-Jährigen beigetragen hatten.

In einer gemeinsamen Pressemitteilung warfen die Opferberatung des RAA Sachsen sowie der Sächsische Flüchtlingsrat dem Amtsgericht vor, weder geklärt zu haben, "ob die Handlungen des Wachmanns nicht mitursächlich für den Tod" verantwortlich gewesen sein könnten, noch die Rolle des Landkreises Plauen aufgeklärt zu haben. So hatten Asylsuchende übereinstimmend davon berichtet, dass ihnen von Seiten der Heimleitung untersagt worden wäre, den Notarzt selbstständig zu informieren. "Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um das Verhalten privater Sicherheitsunternehmen in Asylsuchendenunterkünften ist der Aufklärungsmangel seitens der Sächsischen Justiz für uns unverständlich.", so Robert Kusche, der Geschäftsführer des RAA Sachsen.

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