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Fakten zur Kriegsdienstverweigerung
Kriegsdienstverweigerung (KDV) in Deutschland und Europa

In vielen Staaten Europas werden junge Männer zum Kriegsdienst herangezogen. Kriegsdienstverweigerer kämpfen gegen die Wehrpflicht. Zivildienst ist nur eine Möglichkeit.

Jedes Jahr werden in Deutschland Zehntausende junge Männer zum Kriegsdienst herangezogen. Damit gehört Deutschland zu den sechs Staaten innerhalb der EU, die an der Wehrpflicht festhalten und weiterhin zwangsrekrutieren. Für viele Wehrpflichtige kommt die Teilnahme am Kriegsdienst nicht in Frage. Diejenigen, die den Kriegsdienst aus moralischer, religiöser oder politischer Motivation ablehnen, haben verschiedene Möglichkeiten, die ungeliebte Grundausbildung zu umgehen.

Kriegsdienstverweigerung in Europa

In sechs von 27 Mitgliedsstaaten der EU werden jährlich Wehrpflichtige zum Kriegsdienst herangezogen. Lediglich Deutschland, Estland, Finnland, Griechenland, Österreich und Zypern praktizieren die Wehrpflicht. Hierbei ist Zypern mit einer Pflichtzeit von 26 Monaten, das Land mit dem längsten verpflichtenden Kriegsdienst innerhalb der EU.

Die Möglichkeit zur Kriegsdienstverweigerung besteht in allen zwangsrekrutierenden EU-Staaten. Dabei werden Verweigerer oft durch längere Dienstzeiten oder niedrigere Bezahlung diskriminiert. Griechische Kriegsdienstverweigerer müssen so mit einer verdoppelten Dienstzeit in Ersatzdiensten rechnen. Die totale Verweigerung des Kriegsdienstes stellt in den sechs genannten Ländern eine Straftat dar und kann zu mehrjährigen Gefängnisstrafen führen. Auch in Deutschland stehen jährlich Totalverweigerer vor Gericht.

Totalverweigerung in Deutschland

Für wehrpflichtige Männer ist die Totalverweigerung die konsequenteste Form der Kriegsdienstverweigerung. Totalverweigerer lehnen jede Form der Zusammenarbeit mit den für den Kriegsdienst zuständigen Behörden ab. Einige von ihnen verweigern schon die Reaktion auf den Musterungsbescheid, andere sehen es als Bestandteil der politischen Aktion, den Kriegsdienst erst in der Kaserne zu verweigern.

Die strafrechtliche Verfolgung der Totalverweigerung leitet sich aus dem Wehrstrafgesetz (WStG) ab. Da die Verweigerung keinen eigenen Straftatbestand darstellt, werden Verweigerer häufig wegen Fahnenflucht, Dienstflucht oder Gehorsamsverweigerung angeklagt. Das Gesetz ermöglicht es, Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren zu verhängen. Das härteste, für einen Totalverweigerer gefällte Urteil betrug bisher jedoch nur 22 Monate ohne Bewährung. Hinzu kommt der sogenannte Disziplinararrest. Er wird von den zuständigen Militärbehörden verhängt und beträgt mindestens drei Tage. Er kann mehrfach verhangen werden und bis zu 100 Tage andauern. Ziel dieser Militärhaft ist es, den Wehrpflichtigen zum Umdenken zu bewegen.

"Ausmusterung" als Alternative?

Viele Wehrpflichtige versuchen, den Kriegsdienst durch Manipulation der Musterung zu umgehen. Im Internet existieren viele wilde Gerüchte, wie diese Manipulation zu bewerkstelligen sei. So werden Drogen- oder Alkoholkonsum, Vortäuschung von Seh- und Hörschwächen und das Vermitteln eines psychisch labilen Gesamteindruckes empfohlen. Wie erfolgreich die jeweiligen Strategien sind, lässt sich nur schwer sagen. Es kann dem Wehrpflichtigen jedoch passieren, dass er weitere Musterungsbescheide erhält und die Musterung wiederholt werden muss.

Ausmusterung ist das Ziel vieler Verweigerer, die neben dem Dienst an der Waffe auch den Zivildienst als Zwangsdienst ablehnen, jedoch die direkte Auseinandersetzung mit den Militär-und Justizbehörden scheuen oder einfach möglichst schnell in ihr "altes" Leben zurückkehren möchten.

Zivildienst als waffenloser Ersatz

Die wohl am häufigsten praktizierte Form der Kreisdienstverweigerung für bereits gemusterte Wehrpflichtige ist der Zivildienst. In Deutschland sollen Zivildienstleistende den Kriegsdienstleistenden gleichgestellt sein. Die Pflichtzeit liegt bei neun Monaten, darüber hinaus kann der Zivildienst freiwillig verlängert werden. Um diesen Wehrersatzdienst leisten zu können, muss der Wehrpflichtige gemustert und als Kriegsdienstverweigerer nach Artikel 4 Abs. 3 des Grundgesetzes anerkannt sein. Hierfür müssen die Glaubens- und Gewissensgründe, die den Wehrpflichtigen daran hindern, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verrichten, ausführlich und schriftlich vorgelegt werden.

Am häufigsten arbeiten die Zivildienstleistenden danach in sozialen Einrichtungen, Krankenhäusern und im Rettungsdienst. Dabei steht es ihnen frei, ihre Dienststellen zu wählen und sich bei diesen zu bewerben. Während seines Zivildienstes wird der Kriegsdienstverweigerer zur Teilnahme an Seminaren verpflichtet. Diese finden unabhängig von der Dienststelle in sogenannten Zivildienstschulen statt. Darüber hinaus kann auch ein fachbezogenes Seminar stattfinden. Weitere Informationen und rechtliche Hintergründe gibt es beim Bundesamt für den Zivildienst.

Weitere Ersatzdienste und Möglichkeiten

Auch das sogenannte Freiwillige soziale Jahr (FSJ) kann als Wehrersatzdienst anerkannt werden. Anerkannte Kriegsdienstverweigerer werden nicht mehr zum Wehrdienst herangezogen, wenn sie sich für ein solches Jahr verpflichten. Das FSJ dauert mindestens zwölf Monate, die der Verweigerer auch komplett absolvieren muss. Auch wenn er das FSJ erst nach neun Monaten abbricht, kann er weiterhin zum Wehr- bzw. Zivildienst eingezogen werden. Neben dem FSJ gelten auch das Freiwillige ökologische Jahr (FÖJ) und das Freiwillige Jahr in der Denkmalpflege als Ersatzdienste. Auch eine mindestens sechsjährige Verpflichtung im Zivil- und Katastrophenschutz entbindet von der Wehrpflicht.

http://politik-gesellschaft-deutschland.suite101.de/article.cfm/fakten-zur-kriegsdienstverweigerung


Vincent Cziesla

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