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AG "natürliche Wirtschaftsordnung" sendet auf ColoRadio
Irgendwo zwischen Horst Mahler und attac tummeln sich Gruppierungen wie die Initiative für natürliche Wirtschaftsordnung und deren Dresdner AG. Gemeinsam ist allen diesen Gruppierungen, dass sie etwas angreifen, was sie "Finanzkapital" nennen, den Zins als das Übel des Kapitalismus ausmachen und Kapitalismus ohne Zins einfordern. Diese schon dem Namen nach biologistische Gruppe wurde von Coloradio vier Stunden sei-ner kostbaren Sendezeit zur Verfügung gestellt. Die Sendung verlief nicht ohne Zwischenfälle. In der Telefonstunde kamen Bezüge der Gruppe zu Horst Mahler zur Sprache. Die AGNWO erwies sich auf diese Wendung durchaus vorbereitet. Erst leugnen, dann relativieren, rechtfertigen und schliesslich offensiv versuchen, den Kritiker einzubinden. Wir wollen uns nicht damit aufhalten, intensivere Recherchen über die Verbindungen zu bekennenden NeoNationalsozialisten anzustellen, sondern beziehen unsere weiteren Ausführungen auf die Äusserungen in der Sendung vom 28.08.03. Die Kritik der AG an dem, was sie Kapitalismus nennen, bezieht sich nicht auf soziale Gerechtigkeit oder dem Streben nach Lebensstandard für alle. Im Gegenteil: Ihr Ansatz ist ein durch und durch sozialdarwinistischer. Angeprangert wird "Geld ohne Leistung", Bedürfnisse von Individuen spielen keine Rolle. die sich nach rassistischen Mustern vollziehende weltweite Reichtumsverteilung erst recht nicht. Adressat ihrer Ideen ist die unbequeme Mitte, 85 Prozent der Deutschen, die angeblich Opfer im "System" des Kapitalismus sind. Das Bild des "leistungslosen Einkommens" wendet sich jedoch nicht nur sozialdarwinistisch gegen die als minderwertig wahrgenommenen, sondern auch gegen die "Profiteure". Ganz in der Tradition nationalsozialistischer "Kapitalismuskritik", deren zentraler Bezugspunkt das arbeitslose Einkommen war und ist, wird eine Trennung kapitalistisch organisierter Ökonomie in eine Sphäre der Produktion und eine des "Finanzkapitals" vollzogen. Genau hier zeigt sich der antisemitische Gehalt. Die Assoziation des Zinses als jüdische Erfindung ist so alt wie die Kritik am Zins. Und wer an dieser Kritik festhält wird auch in diesem antisemitischen Bezug bleiben. Die soziale Organisation in Ausrichtung auf Mehrwert-Produktion ist kritiabel, die Unterwerfung von Individuen unter Verwertungslogik und Arbeitszwang. Genau das kritisiert die AGNWO aber nicht, sondern fordert im Gegenteil "Kein Geld ohne Leistung". Wenn wir also kurz beleuchtet haben, was für diese Gruppe am "Kapitalismus" böse ist, kommen wir nun zu dem, was sie für erstrebenswert halten: Die Heilslehre ist die sogenannte Freiwirtschaftslehre. "Begründer" ist ein gewisser Sylvio Gesell, ein Typ, auf den sich immer wieder verschiedene Leute beziehen, insbesondere Ökofaschisten und Querfront-Rechte wie die "nationale Anarchie". Auch hier wollen wir auf ein genaues Quellenstudium verzichten und nur eine kleine Auswahl der Bezugspunkte darstellen. Steckenpferd dieser - und manch anderer - Gruppierungen ist das Entwerfen Alternativer Geldsysteme. Diese sollen sich von anderen in folgenden Unterscheiden: zinslos und regional. Die marxistische Kritik an solchen Spinnereien hat freundlicher Weise ein Hörer in besagter Telefonsprechstunde übernommen. Von regionalen Geldsystemen verspricht sich die AG, "dass Geld nicht mehr unkontrolliert umherwandert". Vorbilder werden in Mittelalterlichen Münzsystemen gesucht. Verwurzelung, Übersichtlichkeit, Heimat sind in etwa die Koordinaten einer solchen Vorstellungswelt. Unterstellung? Vielleicht. Wie selbstverständlich jedoch nationalistische Bezugspunkte sind lässt sich an folgenden Google-Fundstück zeigen: Unter dem Titel "Warum Freiwirtschaft nur ein Teil der Notwendigen Veränderungen ist" breitet die Website der AGNWO ihre Utopie aus. Einen kurzen Augenblick durften die Deutschen ihren Traum von "Anarchie" leben, als Opferkollektiv im Bombardement 1945: "Und doch stellt sich von selbst immer wieder eine Art Ordnung her, überall, in jedem Keller. Ich habe bei meiner Ausbombung erlebt, wie selbst die Verschütteten, die Verletzten, die Verstörten in guter Ordnung vom Schauplatz verschwanden. Auch hier im Hauskeller haben die ordnenden, anordnenden Geister Autorität. Es muss im Menschen drinstecken. Schon zur Steinzeit muss die Menschheit so funktioniert haben." Was nun? Das Auftauchen irgendwelcher Freiwirtschaftler ist nicht neu, ebenso wenig wie anderer Antisemiten, die in linken und alternativen Szenen Kontakte suchen. Konkrete Kontakte der AGNWO bestehen zum Umweltzentrum Dresden, dem Öko-Hausprojekt Spenerstr. 21 sowie offensichtlich zu ColoRadio. Ausserdem versucht die Gruppe an der TU Dresden Präsenz zu zeigen. Wir sind der Meinung, dass eine Auseinandersetzung mit dieser Gruppe sinnlos ist, eine über sie und andere antisemitische "Kapitalismuskritiker" - als Beispiel sei hier BüSo genannt - aber dringend geboten. AG Kritische RadiohörerInnen |
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