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Sachsen rechts unten 2019
Jahrespublikation des Kulturbüro Sachsen e.V.

In den letzten Jahren hat sich die extreme Rechte in Sachsen neu formiert. In der aktuellen Ausgabe der Jahrespublikation "Sachsen rechts unten" des Kulturbüro Sachsen e.V., die heute veröffentlicht wurde, wird ein neues Phänomen beschrieben, das in Sachsen sichtbar geworden ist. Akteure der extremen Rechten haben in den letzten vier Jahren eine Reihe von eingetragenen Vereinen gegründet. Diese treten in den Kommunen oft als Vereine für Kulturveranstaltungen, Heimat- und Brauchtumspflege oder durch vermeintliches soziales Engagement in Erscheinung. In unterschiedlichen Beiträgen werden in "Sachsen rechts unten 2019" die Motive und Hintergründe dieser Entwicklungen beschrieben.

"Ein wichtiges strategisches Konzept der neuen Rechten ist derzeit die Idee der >Selbstverharmlosung<", sagt Michael Nattke, Fachreferent im Kulturbüro Sachsen e.V. und ergänzt: "Zuerst, so wissen extrem rechte Vordenker heute, muss um eine kulturelle Hegemonie gekämpft werden. Daran lässt sich am besten arbeiten, wenn man sich mit Hilfe harmlos wirkender Vereine und Initiativen langfristig in Kommunen festsetzt. Das Ziel all dieser Bemühungen bleibt am Ende jedoch eine rechte Revolte, die die derzeitigen politischen Verhältnisse überwinden will."

"Das Beispiel der >Ein Prozent<-Gruppierung zeigt, dass über die führenden Personen ein Hineinwirken in die unterschiedlichsten Milieus möglich ist. So gelingt es beispielsweise über mittelständische Unternehmen, evangelische und katholische Christ*innen den Wirkungskreis zu erweitern", sagt Markus Kemper vom Mobilen Beratungsteam Mitte-Ost des Kulturbüro Sachsen e.V. "Trotzdem dürfen wir nicht auf die Erzählungen der neuen Rechten reinfallen", so Kemper weiter, "denn gerade das Beispiel von >Ein Prozent< zeigt auch, dass sich extrem rechte Gruppen in der Öffentlichkeit meistens grösser und wirkmächtiger darstellen, als sie wirklich sind."

"Vor der Folie der Herausforderungen eines verstärkten Zuzugs von flüchtenden Menschen nach Deutschland, liessen sich soziale Themen gut instrumentalisieren, um gegen Asylsuchende, die Flüchtlingspolitik oder gegen "Ausländer" - die Reihe der Themen liesse sich fortsetzen - zu mobilisieren," meint Solvejg Höppner vom Mobilen Beratungsteam Nordwest des Kulturbüro Sachsen e.V. Sie sagt: "Dass sich extrem rechte Akteure als Kümmerer profilieren wollen, ist nichts Neues, aber neu ist es, dass diese Hilfe nun aktiv organisiert und über soziale Medien beworben und popularisiert wurde. Vor Ort fällt dadurch eine Abgrenzung gegenüber diesen Gruppen immer schwerer und kostet mehr Kraft und Argumentation als noch vor wenigen Jahren."

"Der Freigeist e.V. aus dem Erzgebirge ist typischer Ausdruck rechtsextremer Strategien," sagt Steven Seiffert vom Mobilen Beratungsteam Südwest des Kulturbüro Sachsen e.V. und meint: "Es wurden rassistische Ressentiments zur Mobilisierung genutzt. Dabei sind die Berührungsängste zwischen Neonazis und anderen Bürger*innen deutlich zurückgegangen und die neonazistischen Akteure wurden normalisiert. Mit dem Verein wird deren Arbeit über den rassistischen Protest hinaus nun verstetigt und kann im Gemeinwesen an Raum gewinnen."

"Der Bewegungscharakter kann dem Netzwerk der zahlreichen neurechten, völkischen, rassistischen Initiativen, Vereine, Parteien und Organisationen schon länger attestiert werden," ist sich Danilo Starosta von der Fachstelle Jugendhilfe des Kulturbüro Sachsen e.V. sicher und zieht den Schluss: "Vor dem Hintergrund, dass der Begriff der >Sozialen Bewegung< bislang für progressive Anliegen - etwa die Frauenrechtebewegung, diverse Bürgerbewegungen, Umweltbewegungen und ähnliches - benutzt wurde, sollte man in Anbetracht der gesellschaftlich spaltenden, Hass und Gewalt schürenden Themen und Ziele, die die hier beschriebenen Akteure verfolgen, eher von einer anti-sozialen Bewegung sprechen."

Die Publikation "Sachsen rechts unten 2019" wurde gefördert durch die Amadeu-Antonio-Stiftung und steht ab sofort kostenlos als Download auf der Homepage des Kulturbüro Sachsen e.V. unter https://kulturbuero-sachsen.de/sachsen-rechts-unten-2019/ zur Verfügung.

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